1 Verwendung des Artikels zur einführung Artikel sind Begleiter der Substantive. Sie machen eine Aussage über die Bekanntheit, die Anzahl, die Zugehörigkeit und die Bestimmtheit von Gegenständen und Personen (vgl. Heringer 1989:109). An der Form des Artikels erkennt man das Genus, den Numerus und Kasus des Substantivs. Im Deutschen unterscheidet man den bestimmten (definiten) und unbestimmten (indefiniten) Artikel und den Nullartikel. Eine ähnliche Funktion haben auch andere Artikelwörter, wie z.B. kein, mein, dieser, welcher u.a. Ziele Dieses Kapitel beschäftigt sich auf der einen Seite mit unterschiedlichen Formen der Artikelwörter im Zusammenhang mit der Verwendung im Satz und ihrer Funktion, auf der anderen Seite mit den Regeln der Verwendung. Die Studierenden lernen: · die Regeln der Verwendung des bestimmten Artikels, · die Regeln der Verwendung des unbestimmten Artikels, · die Regeln der Verwendung des Nullartikels. Schlüsselwörter · der bestimmte Artikel, der unbestimmte Artikel, Nullartikel, Deklination 1.1 Der bestimmte Artikel Der bestimmte Artikel wird in folgenden Situationen verwendet: 1. Eine Person oder eine Sache ist bekannt: Woher weißt du das? Der Lehrer hat es mir gesagt. 2. Etwas ist schon vorher genannt worden: Vor der Tür wartet eine Frau. Die Frau kenne ich aber gar nicht. 3. Es handelt sich um allgemein bekannte Personen, Sachen, Begriffe: Draußen scheint die Sonne. 4. Vor dem Substantiv steht ein Superlativ: Das ist das größte Haus in unserer Straße. 5. Das Substantiv ist durch einen Nebensatz näher bestimmt: Dieses Gerät ist der CD-Player, welchen ich gestern in Ostrava gekauft habe. Dieser Hund ist der Schäferhund, der mich gebissen hat. Mia ist der Meinung, dass alle Hunde gefährlich sind. 6. Das Substantiv wird durch eine Ordinalzahl identifiziert: Das ist schon der dritte Lehrer, der mir das sagt. 7. Substantive, die vor allem durch folgende Adjektive näher bestimmt werden: damalig, einzig, heutig, nächst, notwendig, unter ... Ich möchte das Buch aus der unteren Schublade. 8. Das Substantiv ist durch ein Genitivattribut näher bestimmt: Prag ist die Hauptstadt Tschechiens. 1.2 Der unbestimmte Artikel Der unbestimmte Artikel wird in folgenden Situationen verwendet: 1. Eine Person oder eine Sache ist unbekannt oder beliebig: Gib mir bitte eine Vase. 2. Der Artikel steht bei Klassifikationsaussagen mit dem Verb „sein“: Dieses Gerät ist ein CD-Player. Dieses Wort ist ein Substantiv. Dieser Hund ist ein Schäferhund. Das ist eine Rose. 3. Substantive, die vor allem durch folgende Adjektive näher bestimmt werden: ähnlich, ander-, weiter-, beliebig, genügend, gewiss Sie können ein beliebiges Buch lesen. Diesen Text hat ein gewisser Herr Meier verfasst. 4. Personenbezeichnungen mit einem charakterisierenden Attribut: Karolin ist eine ausgezeichnete Pianistin. Klaus ist ein verantwortungsvoller Lehrer. Er ist ein leidenschaftlicher Briefmarkensammler. 1.3 Der Nullartikel 1. Personennamen Kathrin ist die Schwester von Bernd. Goethe wurde 82 Jahre alt. ABER: - wird ein Adjektiv- oder Genitivattribut gebraucht, steht ein expliziter Artikel: der alte Goethe der Goethe der Weimarer Zeit der bekannte Karel Gott 2. Personennamen mit Titel oder Anredeform Direktor Mayer, Doktor Klaus, Professor Svoboda Frau Gruber hat uns besucht. ABER: - bei Titeln mit Attribut der Sportler des Jahres - bei Berufsbezeichnungen der Schriftsteller Kleist / (der) Kollege – (schwankender Gebrauch) - bei nachgestellter einfacher Apposition Klaus Breuer, der Direktor, eröffnete die Beratung. - Umgangssprachlich Er hat schon mit (dem) Vater darüber gesprochen. 3. Berufsbezeichnungen und Nationalität Ich bin Arzt /Lehrerin. Ich werde Lehrerin. Ich arbeite als Lehrerin. Er ist Türke. ABER: - wird ein Adjektivattribut gebraucht Sie ist eine gute Lehrerin. Das ist der bekannte Architekt Karel Kraus. 4. Stoffbezeichnungen und unbestimmte Mengenbegriffe Er trinkt gern Bier. Hast du Geld? Zum Bau eines Hauses braucht man Zement und Sand. Das Kind wünscht sich Spielzeug. ABER: die verschmutzte Luft das Geld in meiner Tasche 5. Namen von Festen Was wünschst du dir zu Weihnachten. Ostern verbringen wir in den Beskiden. ABER: - bei Zusammensetzungen Wir verbringen die Osterfeiertage in... Wir wünschen Ihnen ein angenehmes Weihnachtsfest. 6. Eigenschaften und Gefühle ohne nähere Bestimmung Sie hatten Durst und Hunger. Er fühlte wieder Mut und Hoffnung. Er war sprachlos vor Freude. ABER: Ich habe (einen) großen Hunger. / den größten Hunger die Freude des Siegers 7. Viele Sprichwörter und feste Wendungen zu Bett gehen, nach Hause fahren, zu Tisch kommen mit Sack und Pack Tag und Nacht Schritt für Schritt 8. Substantive außerhalb des Satzzusammenhangs Klaus!, Liebe Martina!, Geehrter Herr Professor! Guten Tag. Frohe Feiertage. Achtung! Feuer! Hilfe! 9. Zeitangaben • Bei den Zeitangaben mit Anfang, Mitte oder Ende + Monatsangabe stehen beide Wörter ohne Artikel: Ich komme Mitte Oktober Ende März Anfang 1997 ABER: Ich bin Anfang des Jahres 2006 in Mexiko gewesen. Anfang des/dieses Jahres Mitte der/dieser Woche Ende des/dieses Monats Anfang letzten Jahres Mitte nächster Woche Ende vorigen Monats Kontrollaufgabe Unterstreichen Sie im Text die bestimmten, unbestimmten und Null-Artikel und das Substantiv, das sie begleiten. Welche Funktion haben diese Artikel im Text? Endlich, die erste Studentin streckt den Kopf zur Tür herein, als müsse sie Feindesland erkunden. Sie huscht in die drittletzte Reihe und beginnt ihren Rucksack auszupacken. Ich bewundere, was das etwas graumäusige Mädchen alles für die Sitzung zu brauchen glaubt: Handy, Federmäppchen, Block, Laptop, jetzt kommen noch eine Brotzeitbox und die Thermoskanne zum Vorschein. Offenbar ein Survivalpaket, man kann ja nie wissen, ob die Dozentin plötzlich beschließt, ihre Seminarteilnehmer als Geiseln zu nehmen. Als alles schön auf ihrem Tisch angeordnet ist, schaut sie demonstrativ um sich und lächelt mich verlegen an. „Bin ich etwa allein in Ihrem Seminar?“ (Both, Alix: Muss ich das alles lesen, Frau Professor? Unerhörtes aus dem Uni-Alltag. Berlin: Ullstein, 2013:27) Lösung Endlich, die erste Studentin streckt den Kopf zur Tür herein, als müsse sie Feindesland erkunden. Sie huscht in die drittletzte Reihe und beginnt ihren Rucksack auszupacken. Ich bewundere, was das etwas graumäusige Mädchen alles für die Sitzung zu brauchen glaubt: Handy, Federmäppchen, Block, Laptop, jetzt kommen noch eine Brotzeitbox und die Thermoskanne zum Vorschein. Offenbar ein Survivalpaket, man kann ja nie wissen, ob die Dozentin plötzlich beschließt, ihre Seminarteilnehmer als Geiseln zu nehmen. Als alles schön auf ihrem Tisch angeordnet ist, schaut sie demonstrativ um sich und lächelt mich verlegen an. „Bin ich etwa allein in Ihrem Seminar?“ 2 Pronomen zur einführung Pronomen sind Fürwörter. Sie ersetzen Substantive (der Vater – er), nominale Gruppen (das kleine Haus – es), verweisen auf Situationen und Gegenstände. Andere Pronomen haben die Funktion eines Artikelwortes (mein Haus), andere leiten Fragesätze (wer) oder Relativsätze (der Mann, der …) ein. Ziele In diesem Kapitel werden einzelne Gruppen substantivischer Pronomina vorgestellt und die Möglichkeiten ihrer Verwendung im Satz beschrieben. Große Aufmerksamkeit wird dem Pronomen ES und seinen Funktionen gewidmet. Die Studierenden lernen: · Pronomen zu klassifizieren, · Pronomen zu deklinieren, · Besonderheiten der Verwendung des Pronomens ES. Schlüsselwörter · Pronomen, Prowort, Platzhalter, Subjekt, Objekt, Personalpronomen, Possessivpronomen, Demonstrativpronomen, Reflexivpronomen, Relativpronomen, Interrogativpronomen, Indefinitpronomen, Pronominaladverb Gewöhnlich unterscheidet man sieben Gruppen substantivischer Pronomina: 1. Personalpronomen ich, du, sie 2. Possessivpronomen mein, dein, ihr 3. Demonstrativpronomen dies, das, jener 4. Reflexivpronomen sich 5. Relativpronomen der, welcher, wo 6. Interrogativpronomen wer?, wo?, wie? 7. Indefinitpronomen man, jemand, irgendwo 2.1 Personalpronomen – persönliches Fürwort Dieses Pronomen hat eine besondere Funktion, denn es vertritt überhaupt keine anderen Wörter – wie Pronomina im Allgemeinen. Es bezeichnet den Kommunikationspartner. 1. Person die sprechende Person ich, wir 2. Person die angesprochene Person du, ihr, Sie 3. Person die besprochene Person er, sie, es N ich du er sie es wir ihr sie G meiner deiner seiner ihrer seiner unserer Eurer ihrer D mir dir ihm ihr ihm uns euch ihnen Akk. mich dich ihn sie ihn uns euch sie 2.2 Possessivpronomen – besitzanzeigendes Fürwort Es zeigt an, wem etwas oder jemand gehört, bezeichnet eine Zugehörigkeit, den Besitz der sprechenden oder der angesprochenen Person. Jedem Personalpronomen entspricht ein Possessivpronomen: ich – mein wir – unser du – dein ihr – euer er – sein / sie – ihr / es – sein sie – ihr / Sie – Ihr Diese können als Artikelwörter oder als Substantivwörter verwendet werden: Das ist mein Wagen. Das ist meiner. 2.3 Demonstrativpronomen – hinweisendes Fürwort Dieses Pronomen unterscheidet sich von den Personalpronomina durch seinen hinweisenden Charakter. a) mit reinem Hinweischarakter (der, derjenige, derselbe) b) mit einer konkretisierenden Nebenbedeutung (dieser, jener, ein solcher) 2.4 Reflexivpronomen – rückbezügliches Fürwort Es zeigt an, dass jemand eine Handlung in Bezug auf sich selbst ausübt. Ich möchte mich von Ihnen verabschieden. Sie freut sich auf dich. Wir treffen uns morgen um 6 Uhr. 2.5 Relativpronomen - Bezugsfürwort Dieses Pronomen ist an den Attributsatz gebunden. Im Attributsatz steht es für ein Substantiv, das im Hauptsatz erwähnt wird und auf das sich der Nebensatz bezieht: der, des, dem, den, die, das, welcher, welche, welches Kontrollaufgabe Ergänzen Sie das richtige Relativpronomen: Wie fahren zu meinem Vater, …………. auf dem Land wohnt. Wie fahren zu meinem Vater, …………. Haus auf dem Land steht. Wie fahren zu meinem Vater, mit …………. ich lange nicht gesprochen habe. Wie fahren zu meinem Vater, …………. wir lange nicht gesehen haben. Lösung Wie fahren zu meinem Vater, der auf dem Land wohnt. Wie fahren zu meinem Vater, dessen Haus auf dem Land steht. Wie fahren zu meinem Vater, mit dem ich lange nicht gesprochen habe. Wie fahren zu meinem Vater, den wir lange nicht gesehen haben. 2.6 Interrogativpronomen – Fragewort Es dient dazu, unbekannte Personen oder Sachen zu erfragen. wer – erfragt Personen Wen hast du gesehen? was – erfragt Sachen Was hat er gekauft? welcher – verlangt eine Auswahl aus einer gegebenen Menge Welches Auto gefällt dir? – Dieses hier. was für einer – verlangt eine nähere Spezifikation Was für ein Auto hast du? – Einen roten Skoda. 2.7 Indefinitpronomen – unbestimmtes Fürwort Mit diesem Pronomen werden Personen und Sachen als unbestimmt bezeichnet. Es gibt mehrere Einteilungsmöglichkeiten, z.B.: von positiv bis negativ alle(s), jeder, mancher, mehrere, einige, man, jemand, etwas, irgendwer, irgendeiner, keiner, niemand, nichts Fragen Die gleiche Form kann zu verschiedenen Wortarten gehören. Zu welchen? a) das Buch / das Haus, das ich kenne / Wer ist das? / Ich sage das lieber nicht. b) Wo steht das Haus? / das Haus, wo ich wohne Lösung a) a) das Buch – der bestimmte Artikel / das Haus, das ich kenne – Relativpronomen / Wer ist das? – Demonstrativpronomen / Ich sage das lieber nicht. – Personalpronomen. b) Wo steht das Haus? – Interrogativpronomen / das Haus, wo ich wohne - Relativpronomen 2.8 Pronomen ES Das Pronomen ES tritt in drei syntaktischen Funktionen auf: 1. es steht als Prowort 2. es steht als Korrelat (Platzhalter) 3. es steht als formales Subjekt und Objekt 1. Prowort a) Als Prowort ersetzt ES ein neutrales Substantiv. Wo ist das Buch? Es liegt auf dem Tisch. b) Für ein Subjekt im Maskulinum oder Femininum steht ES in Sätzen mit dem Verb sein. Was ist das für ein Mann? Es ist ein Ausländer. / Er ist ein Ausländer. c) Als Prowort für ein Prädikativ Alle Anwesenden waren traurig, ich war es nicht. (traurig) 2. Platzhalter a) beim syntaktischen Subjekt Der Unfall hat sich am Abend ereignet. Es hat sich gestern ein Unfall ereignet. b) beim logischen Subjekt Es friert mich. / Mich friert es. / Mich friert. Es ist mir kalt. / Mir ist es kalt. / Mir ist kalt. c) Platzhalter von Nebensätzen Es freut mich besonders, dass ich ihn getroffen habe. - Besonders freut (es) mich, dass ich ihn getroffen habe. - Mich freut (es) besonders, dass ich ihn getroffen habe. Es ist sonderbar, dass er nicht schreibt. - Dass er nicht schreibt, (das) ist sonderbar. 3. Formales Subjekt und Objekt a) Verben zum Ausdruck von Naturerscheinungen Es blitzt. Es regnet. Es dunkelt. b) Verben zum Ausdruck von Geräuschen Es klopft. Es kracht. c) das Verb SEIN Es ist schon spät. Es wird kalt bleiben. d) Verben mit einem Objekt Es juckt mich. Es geht mir gut. Zum Nachdenken Versuchen Sie zu formulieren, in welchen syntaktischen Funktionen das Pronomen ES im Satz weggelassen werden darf, und wann das Weglassen in keinem Fall möglich ist.