EVROPSKÁ UNIE Evropské strukturální a investiční fondy Operační program Výzkum, vývoj a vzdělávání MINISTERSTVO ŠKOLSTVÍ, MLADE2E A TĚLOVÝCHOVY Název projektu Rozvoj vzdělávání na Slezské univerzitě v Opavě Registrační číslo projektu CZ.02.2.69/0.0./0.0/16_015/0002400 Mediensprache Distanční studijní text Gabriela Rykalová Opava 2023 SLEZSKA UNIVERZITA FILOZOFICKO-PĚlRODOVÍDECKÁ FAKULTA V OPAVĚ Obor: Německá filologie Klíčová slova: médium, styl, interpretace textu, volba jazykových prostředků Anotace: Studijní text se věnuje vztahu mezi jazykem a médiem jako prostředku komunikace, respektive diskusi o funkcích, kterou konkrétní kazykové prostředky plní v různých typech médií. Pozornost je věnována pojmům ,Sprachökonomie', ,wertende Sprache', gesprochene Sprache', geschriebene Sprache', Jugendsprache' oder z.B. ,Dialekt'. Autor: doc. PhDr. Gabriela Rykalová, Ph.D. Gabriela Rykalová - Mediensprache Obsah ÚVODEM............................................................................................................................5 RYCHLÝ NÁHLED STUDIJNÍ OPORY...........................................................................6 1 MEDIEN......................................................................................................................7 1.1 Einteilung der Medien...........................................................................................7 1.2 Klas sifikation der Medien.....................................................................................8 2 SPRACHE UND STIL..............................................................................................10 2.1 Stil als Wahl........................................................................................................10 2.2 Unterschiede auf verschiedenen Ebenen.............................................................13 3 BRIEFKOMMUNIKATION.....................................................................................17 3.1 Briefe...................................................................................................................17 3.2 Brief vs. elektronische E-Mail............................................................................17 3.3 E-Mail vs. Skype vs. Chat...................................................................................19 3.4 Short Message Service (SMS).............................................................................20 4 CHATSPRACHE.......................................................................................................22 5 SPRACHÖKONOMIE..............................................................................................25 5.1 Sprachökonomi sehe Tendenzen..........................................................................26 5.1.1 Tendenzen im B ereich der Morphologie.....................................................27 5.1.2 Tendenzen im B ereich der Lexik.................................................................27 6 JUGENDSPRACHE..................................................................................................31 6.1 Merkmale der Jugendsprache..............................................................................32 7 PRESSESPRACHE...................................................................................................35 7.1 Differenzierung der Pres sesprache......................................................................36 8 WERTENDE SPRACHE...........................................................................................39 8.1 Hervorhebung durch Adjektive...........................................................................40 8.2 Morpho- syntaktische Mittel................................................................................40 8.3 Stilistische Mittel.................................................................................................41 8.4 Wertende Sprache in Rezensionen......................................................................42 8.5 Wechsel im Ausdruck.........................................................................................44 9 DIALEKT IN MEDIEN............................................................................................46 LITERATURA..................................................................................................................50 PŘEHLED DOSTUPNÝCH IKON...................................................................................51 3 Gabriela Rykalová - Mediensprache 4 Gabriela Rykalová - Mediensprache ÚVODEM Tato studijní opora je koncipována jako studijní materiál pro studenty navazujícího magisterského studia němčiny v rámci studijního programu Německý jazyk. Vlastní opora je rozdělena do několika oddílů. Studentům jsou k dispozici úlohy pro samostudium, korespondenční úlohy, příp. kontrolní úkoly, které slouží k poskytnutí odpovídající zpětné vazby a jako podklad pro diskusi v prezenční fázi výuky. Po nastudování jednotlivých kapitol se doporučuje věnovat pozornost případným přílohám a dalšímu doplňkovému materiálu v IS SU. 5 Gabriela Rykalová - Mediensprache RYCHLÝ NÁHLED STUDIJNÍ OPORY Studijní opora se věnuje vztahu mezi jazykem a médiem jako prostředku komunikace, respektive diskusi o funkcích, kterou konkrétní kazykové prostředky plní v různých typech médií. Pozornost je věnována pojmům ,Sprachökonomie', ,wertende Sprache', gesprochene Sprache', geschriebene Sprache', ,Jugendsprache' oder z.B. ,Dialekť. Doporučená studijní literatura Adamzik, K.: Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. Tübingen, 2004. Brinker, K.: Linguistische Textanalyse: eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. Berlin, 2005. Fandrych, Ch. / Thurmair, M.: Textsorten im Deutschen. Linguistische Analysen aus sprachdidaktischer Sicht. Tübingen, 2011. Fix, U. / Habscheid, S. / Klein, J. (Hrsg.): Zur Kulturspezifik von Textsorten. Tübingen, 2001. Fix, U. / Poethe, H. / Yos, G.: Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger: Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Frankfurt a.M., 2002. Heinemann, M. / Heinemann, W.: Grundlagen der Textlinguistik: Interaktion - Text - Diskurs. Tübingen, 2002. Linke, A. / Nussbaumer, M. / Portmann, P. R.: Studienbuch Linguistik. 5. Aufl. Tübingen, 2004. Vater, H.: Einführung in die Textlinguistik. Struktur, Thema und Referenz in Texten. 3. Aufl. München, 2001. 6 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 1 MEDIEN ZIELE Das Kapitel soll einen einleitenden Einblick in den Themenbereich der Medien vorstellen und die wichtigsten Begriffe erklären. Die Studierenden: • werden mit der Definition des Begriffs ,Medium' bekannt gemacht, • lernen eine allgemeine Medienklassifikation kennen. SCHLÜSSEL WÖRTER Medium als Kommunikationsmittel, Information, Massenmedien, Sprache, Sender, Empfänger. DEFINITION Medien (lat. Medium = Mittel) sind die Instrumente, mit denen Informationen zwischen Sender und Empfänger ausgetauscht werden können. 1.1 Einteilung der Medien Sender Medium Empfänger pnmär Sprache Mimik Gestik sekundär Rauchzeichen Flugblätter Zeitungen Mikrophon tertiär Telephon Fernschreiber Femsehen Neue Medien 7 MEDIEN 1.2 Klassifikation der Medien Allgemeine Medienklassifikation nach Pross Einen Ansatz Medien nach dem Grad ihrer Abhängigkeit von Technik zu klassifizieren hat Harry Pross (1976) geliefert. Pross unterscheidet dabei zwischen primären, sekundären und tertiären Medien. Unter primären Medien (Menschmedien) versteht man solche, bei denen weder auf der Seite des Senders, noch auf Seite des Empfängers ein technisches Hilfsmittel benötigt wird. Beispiele für primäre Medien sind: Sprache, Gestik und Mimik (vgl. Böhn/Seidler 2008:18). Primäre Medien sind somit interpersonell und unmittelbar als „Mittel des menschlichen Elementarkontaktes" (Dittmar 2010:38) zu sehen. Bei sekundären Medien (Schreib- und Druckmedien) hingegen wird auf Produktionsseite, das heißt auf Seiten des Senders, ein technisches Hilfsmittel zur Übertragung der Information eingesetzt. Der Inhalt bleibt allerdings für den Rezipienten ohne Hilfsmittel empfangbar. Beispiele hierfür sind Schrift, egal ob maschinell oder handschriftlich erstellt, Druck, Gemälde und Fotografie. Die genannten Beispiele haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie die Informationen auch über einen längeren Zeitraum speichern können, was jedoch kein grundsätzliches Kriterium darstellt. So können beispielsweise Rauchzeichen ebenfalls als sekundäres Medium gesehen werden (vgl. Böhn/Seidler 2008:18). Tertiäre Medien (elektronische Medien) setzen schließlich sowohl auf Sender-, als auch auf Rezipientenseite entsprechende technische Hilfsmittel voraus. Das ist beispielsweise beim Fernsehen, Radio oder Internet der Fall. Es wird also sowohl beim Erstellen sowie für den Empfang Technik verwendet und benötigt (Böhn/Seidler 2008:18). Hier wären vor allem die modernen Massenmedien zu verorten, in denen der interpersonelle Kontakt stark an Bedeutung verliert. Maletzke (1998) etwa sieht Massenmedien als öffentlich (ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft), indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern), einseitig (ohne Rollenwechsel zwischen Aussagenden und Aufnehmenden) und durch technische Mittel (Medien) verbreitet (vgl. Maletzke 1998:45f). Betrachtet man nun diese drei Kategorien von Medien, so lässt sich in gewisser Weise die historische Medienentwicklung nachvollziehen (Böhn/Seidler 2008:18). Von der ursprünglich nur zwischenmenschlichen unmittelbaren Face-to-Face Kommunikation, über Postsystem, Buchdruck und Malerei, bis hin zu unseren modernen Massenmedien wie TV, Radio und schließlich dem Internet. Dennoch 8 Gabriela Rykalovä - Mediensprache ist es bei immer komplexer werdender Technik schwer, die Trennschärfe zwischen den Kategorien zu erhalten. So gilt es beispielsweise bei der Unterscheidung zwischen primärem und sekundärem Medium zu klären, was als technisches Hilfsmittel zu werten ist. Pross selbst würde wohl das einfache Schreiben mit einem Stift bereits als sekundäres Medium ansehen, das Schreiben mit dem Finger im Sand jedoch nicht (Böhn / Seidler 2008:18). An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Grenzen teilweise verschwimmen und eine Einordnung eventuell nicht immer praktikabel ist. Um der zunehmenden Digitalisierung von Medien gerecht zu werden, ergänzt Faßler (1997) das bereits 1972 veröffentlichte System von Pross um die Kategorie der quartären Medien (digitale Medien). Diese Kategorie wird beschrieben als die „computerbasierten und -verstärkten Medienbereiche netztechnischer und elektronisch-räumlicher Konsumtion, Information und Kommunikation" (Faßler 1997:117) aus. Ursprüngliche Voraussetzungen für Kommunikation, wie z.B. Anwesenheit, verschwinden. Faßler spricht in diesem Zusammenhang von „Fernanwesenheit" (1997:117), was die abnehmende Bedeutung räumlicher und zeitlicher Abstände verdeutlicht. Im Wesentlichen lässt sich diese Kategorie also mit der Abhängigkeit von einem Computer - wobei aus heutiger Sicht dazu auch Smartphones und Tablet-Pcs zu zählen sind - auf beiden Seiten beschreiben. Ergänzend können quartäre Medien auch als Mischung der drei ersten Medienstufen betrachtet werden, indem sie einerseits starke Ähnlichkeit mit Massenmedien (vgl. tertiäre Medien) haben, jedoch auch den „schnellen Wechsel zwischen individueller und Gruppenansprache" (Dittmar 2009:39) ermöglichen. Als Beispiel sei hier ein soziales Netzwerk im Internet, wie beispielsweise Facebook, genannt. Der Nutzer hat einerseits die Möglichkeit eine persönliche Statusmeldung an alle seine Freunde oder sogar öffentlich an alle Nutzer zu versenden, kann jedoch auch mittels privater Nachricht gezielt Personen kontaktieren. Diese Möglichkeit bietet beispielsweise das Fernsehen als klassisches Massenmedium nicht. FRAGEN UND AUFGABEN 1. Mit welchen Medien kommen Sie in Kontakt / arbeiten Sie? 2. Zu welcher Gruppe der Medien gehören sie? 9 SPRACHE UND STIL 2 SPRACHE UND STIL ZIELE Dieses Kapitel soll Stil als Wahl vorstellen und die wesentlichen Uterschiede zwischen geschriebener und gesprochener Sprache zeigen. SCHLÜSSEL WÖRTER Sprache, Stil, Sprachgebrauch, Gebrauchsbereich, Intonation, Rhythmus, Sprachgeschwindigkeit, gesprochene Sprache, geschriebene Sprache. DEFINITION 1) „STIL" ist ein charakteristischer, spezifischer Sprachgebrauch. 2) Stil definiert sich also durch die Wahl bestimmter Stilelemente (Stilmittel), zu denen nicht nur die so genannten rhetorischen Figuren (Stilfiguren) zählen. 3) Jedes sprachliche Mittel kann ein Stilelement sein, das in einem Text zur Ganzheit-lichkeit des Stils beiträgt. 4) Diese Mittel werden in Hinblick auf den Mitteilungszweck gewählt. 5) Stil ist immer textbezogen. 6) Stil ist Textsortenspezifisch. 2.1 Stil als Wahl Voraussetzung für die Wahl ist eine Synonymenreihe. Dabei wird gefordert, dass die Synonyme das gleiche Denotat haben, sich also auf die gleichen Dinge, Personen und Sachverhalte in der Wirklichkeit beziehen. Die Ausdrücke zusammen bilden ein Paradigma. (Eroms) Geld/Zahlungsmittel/Mäuse /Zaster /Pinkepinke /Moneten /Kohle /Kies ... 10 Gabriela Rykalovä - Mediensprache ZU SÄ TZLICHE IN FORMA TION Alle Ausdrücke, die beliebig verwendet werden können ohne auffällig zu sein, sind stilneutral. Alle Ausdrücke, die nur in bestimmten Texten zu erwarten sind und nur in bestimmten Texten natürlich wirken, geben Stilwerte ab, sie sind stilistisch markiert. In anderen Texten wirken sie sehr auffällig, wirken expressiv und das führt zu einem Stileffekt. (Eroms) 3.2 GESPROCHENES vs. GESCHRIEBENES Die Unterschiede zwischen der geschriebenen und gesprochenen Sprache sind groß. Die mündliche Kommunikation wird vom nonverbalen Verhalten begleitet, die Mündlichkeit spiegelt sich auch in der Wortwahl und der morphologisch-syntaktischen Strukturierung des Kommunikats wieder. Und nicht zuletzt muss auch die akustische und prosodische Seite der Äußerung erwähnt werden, die bei geschriebenen Texten absent ist. Im Zusammenhang mit der Kommunikationstheorie können wir Texte nach mehreren Kriterien Teilen. Ein Kriterium wäre der Kommunikationskanal. Einige Texte können sowohl in schriftlicher als auch mündlicher Form produziert werden. Wir unterscheiden dann: 1) geschriebene Texte (durch den optischen Kanal übertragen und rezipiert) 2) gesprochene Texte (durch den akustischen Kanal übertragen und rezipiert) 11 SPRACHE UND STIL FRAGEN UND AUFGABEN 1. Sind Begriffe gesprochene Sprache und mündliche Kommunikation synonym? 2. Hätten Sie konkrete Beispiele? LÖSUNG 1) B ei einer Autorenlesung: kommt es zu folgender Situation, es werden geschriebene Texte (Erzählungen), die in gedruckter Form vorkommen und zum Lesen bestimmt sind, durch den akustischen Kanal übertragen. 2) Die wörtliche Verschriftlichung eines Interviews: In diesem Fall, wie auch in vielen anderen handelt es sich um einen primär mündlich produzierten Text, dem die schriftliche Form gegeben wurde. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Mit der gesprochenen Sprache müssen wir genauso wie mit der geschriebenen Sprache sowohl in mündlichen als auch in schriftlichen Texten rechnen. Daraus folgt, dass die Begriffe gesprochene Sprache und mündliche Kommunikation nicht synonym sind. Auch Schwitalla (vgl. 2003) macht auf vier verschiedene Situationen aufmerksam: 1. ursprünglich Gesprochenes bleibt in der gesprochenen Form (Alltagsgespräch) 2. ursprünglich Gesprochenes wird nachträglich aufgeschrieben (Interview) 3. ursprünglich Aufgeschriebenes bleibt in der schriftlichen Form (Roman) 4. ursprünglich Aufgeschriebenes wird nachträglich ausgesprochen (Vorlesung) 12 Gabriela Rykalovä - Mediensprache FRAGEN UND AUFGABEN 1. Fassen Sie Unterschiede zwischen geschriebener und gesprochener Sprache zusammen. LÖSUNG Unterschiede gesprochen vs. geschrieben Gesprochenes: Geschriebenes: einmalig dauerhaft unwiederholbar wiederholt rezipierbar Zeit- und Raumbezogen graphisch übersichtlich Situationsgebunden Komposition (Textgliederung) spontan nicht spontan dialogisch monologisch Emotionalität häufig stilneutral Expressivität typologische Fehler kein fester Satzbau Korrekturmöglichkeit Kontakt 2.2 Unterschiede auf verschiedenen Ebenen (Beispiel: Ausdruck von Emotionen) 1) Phonologische Ebene • Schriftart und -große • Abbruch und Pause • Intonation / Rhythmus / Lautstärke / Akzent • Geschwindigkeit 13 SPRACHE UND STIL Emotionen können mittels Intonation, Rhythmus, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Pausensetzung, Akzent ausgedrückt werden. Durch den Akzent z.B. kann der Sprecher verschiedene Wort- bzw. Satzteile unerwartet hervorheben, so dass diese Betonung Emotionen entweder hervorrufen oder signalisieren kann. Auch die Lautstärke, die oft verschiedene Emotionen widerspiegelt, spielt bei der Kommunikation eine wichtige Rolle. Die Prosodie spielt bei der Kodierung und Dekodierung sprachlicher Inhalte eine bedeutungstragende Rolle. „In welchem Ton etwas gesagt wird, ist oft entscheidender als die inhaltliche Mitteilung („der Ton macht die Musik")." (Schwitalla 2003:56) Verschiedene Schrifttypen und -großen signalisieren die Stimmlage, Lautstärke und Intonation. Große Buchstaben und Fettschrift signalisieren eine Betonung, lautes Sprechen oder Ausrufe. Beim Weinen werden oft unvollständige Sätze geäußert, die Sprache wird durch das Seufzen unterbrochen, die Stimme vibriert: 2) Morphologisch-syntaktische Ebene • elliptische Formulierungen • unvollständige Satzkonstruktionen • Wiederholungsfiguren • Ausdrucksökonomie • verbaler Stil / nominaler Stil „Schon früh wurde festgestellt, dass die Alltagsrede mit großen Verkürzungen auskommen kann, da sprachlich eingeführte Redegegenstände nicht immerzu wiederholt werden müssen." (Schwitalla 2003:101) Auch für die Comicsprache sind verkürzte Formulierungen, unvollständige Satzkonstruktionen und Satzabbrüche charakteristisch. Elliptische Formulierungen: • Nicht zu fassen. / Hab sie alle erkannt! • Kaffee, Marcel? / ... und einen Lutscher! Wiederholungsfiguren: • Der spinnt ja, der Römer! • Aber nein! Aber nein! • Ich hasse sie! Ich hasse sie! Ich hasse alle! • Und du, Majestix, du behauptest ich hätte das Geheimnis an Asterix verraten. 14 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 3) Lexikalische Ebene • expressive Wortwahl • idiomatische Wendungen / Phraseologismen • Neologismen / Archaismen / Historismen • Dialektismen / Termini / Argotismen / Slang • Partikel / Ausrufe / Anrede Der Sprecher kann bekanntlich bei der Kommunikation zwischen mehreren mehr oder weniger synonymen Ausdrücken wählen, die in gerade dieser Kommunikationssituation entweder neutral oder expressiv wirken. In vielen Situationen entscheiden der momentane emotionale Zustand und die Intention des Sprechers über die Wortwahl. Expressive Wortwahl In einem hohen Maße emotional gefärbt sind Schimpfwörter, Diminutiva, Pejorativa u.a., die meistens durch Emotionen in der bildlichen Darstellung verstärkt sind. • Rindvieh! / Dübbeli! / Lügner!!! Idiot! Barbar! Idiomatische Wendungen • Du gehst mir langsam auf die Nerven, Automatix! • Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, Obelix. • Dich mach ich kalt! • Schaff sie mir vom Hals! Partikel • Aber das ist ja furchtbar! • Wir haben doch gar keinen Zaubertrank gehabt! • Ja, wo sind sie denn ? Ausrufe • Nanu ?! / OH! / Oh! Seht mal! Anrede • Guck mal, Jungs, ein roter Fisch! • Ei, was bringst du mir zu essen, meine kleine Wachtel? • Salut, Legionär! • Was gibt es, Jasper? • Was machen wir, Joe? Hauen wir ab, Joe? Gegen Lucky Luke kommen wir nicht an, Joe. 15 SPRACHE UND STIL Onomatopoetika Ein charakteristisches Merkmal für Comics sind die in Sprechblasen fett geschriebenen Onomatopoetika, wie: Schnipp!, Zack!, Wumm!, Boing!, Krach!, Bumm!, Päng!, Piff, Paff!, die Geräusche wiedergeben, die man sonst in einer kommunikativen Situation im Hintergrund hören würde. ZUSAMMENFASSUNG In Anlehnung an Vachek beschreibt Heinze die Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache folgendermaßen: „Während sich die Sprechsprache einer Fülle paralinguistischer Ausdruckmittel bedienen kann, ist die Schriftsprache grundsätzlich auf verbale Kommunikationsmittel angewiesen, d.h. ein Teil der akustischen bzw. optischen Möglichkeiten der gesprochenen Sprache bedarf im Medium der Schriftsprache einer sekundären sprachlichen Kodierung." (Heinze 1979:13) 16 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 3 BRIEFKOMMUNIKATION ZIELE Ziel dieses Themenbereichs ist es, einen allgemeinen Einblick in verschiedene Briefkommunikationsmöglichkeiten zu erhalten und die Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten zu zeigen. SCHLÜSSEL WÖRTER Brief, Kommunikationspartner, Medium, Digitalisierung, Textkörper, Nachricht, Absender und Adressat. EINLEITEND 3.1 Briefe Die Textsorte ,Brief gehört zu prototypischen Mustern der Kommunikation. Aber auch die traditionellen Formate und standardisierte Muster erleben eine Entwicklung und so entstehen zahlreiche kulturell geprägte Variationen. Es entstehen auch neue Medienformate, wie z.B. E-Mail, Blog oder SMS. „Wenn auch standardisierte Muster des textuellen Handelns, aber eben auch ihre unbewusste und bewusste Variation einen spezifischen Zugriff auf die Welt darstellen, so sind die entsprechenden Texte immer auch Ausdruck der spezifischen Werte und Normen der entsprechenden Gruppen und/oder Individuen." (Luginbühl/Perrin 2011:8) 3.2 Brief vs. elektronische E-Mail E-Mail ist ein technisches Übertragungsmittel für digitalisierte Informationen nach bestimmten Standards. Sie ermöglicht: eine unmittelbare Reaktion 17 BRIEFKOMMUNIKA TION Zeitliche Nähe Möglichkeit, Textausschnitte des Partners zu kopieren und auf sie Bezug zu nehmen mehrere Adressaten gleichzeitig anzusprechen die Antwort weiterleiten Anlagen (Dokumente in elektronischer Form, Fotos) beizulegen Sichere Art der Kommunikation Automatisches Archivieren (Inhalt geht nach dem Versenden nicht verloren) Umweltfreundlichkeit (Keine sinnlose Papierverschwendung) DEFINITION E-Mails sind virtuelle Dokumente, die ohne Ausdruck immateriell bleiben. Dennoch enthalten E-Mails wie ihre papierenen Pendants in der Regel alle Textstrukturierungsele-mente wie Absender und Adressat, Anrede, Textkörper und Grußformel und dürfen daher durchaus als Konkurrent (oder Nachfolger?) des Briefes bezeichnet werden. Die Textsorte E-Mail lässt viele unterschiedliche Realisierungen und Verwendungen zu, welche die Form, Inhalt und die Wahl der sprachlichen Mittel im Zusammenhang mit situativen, kommunikativ-pragmatischen und soziokulturellen Faktoren betreffen, (vgl. Bittner 2003:135) WICHTIG Diese beeinflussen weitere Faktoren wie z.B.: a) Öffentlichkeitsverhältnis b) Grad der Vertrautheit der Partner 18 Gabriela Rykalovä - Mediensprache c) Grad der Spontaneität Eine große Varianz ist z.B. in Anrede- und Grußformeln zu beobachten: Sehr geehrte Kunden, Sehr geehrte Geschäftspartner, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Liebe Kolleginnen, Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Einen schönen guten Morgen an alle! Guten Tag, Sehr geehrter Herr Professor, Hallo beisammen, Hallo zusammen, Hallo Ihr, Mit freundlichen Grüßen, Karin Klein Gruß Klaus / Grüße Claudia Die besten aller Grüße, Euer Thomas Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Peter lg, Tina 3.3 E-Mail vs. Skype vs. Chat Die Skype-Kommunikation ist zunächst einmal rein technisch eine Schreibtätigkeit, wird aber auch „Computer conversation" genannt (Murray 1989). Produkte: „Mündliche Briefe" / „schriftliche Gespräche" (vgl. Meise-Kuhn). In Form von E-Mails werden fertige Briefe abgeschickt. In der Skype-Kommunikation nur einzelne Repliken, oft unvollständige Repliken. 19 Liebe Leute, Na, lieber Kollege, Huhu Johannes, BRIEFKOMMUNIKA TION Bei der Chat-Kommunikation handelt es sich um eine elektronische Kommunikationsform, in der die Beiträge zweier eingeloggter Teilnehmer im Moment des Eintippens Buchstabe für Buchstabe auf dem Bildschirm beider Parteien erscheinen, sämtliche Verzögerungen, Abbruche, , Vertipper' und Korrekturen inbegriffen (vgl. Meise-Kuhn). Interessant ist die Organisation des Sprecherwechsels. 3.4 Short Message Service (SMS) Nickisch (1991:12) hält fest: „Da der Brief als Redesubstitut zum Zwecke eines dialogischen Austausches fungiert, weist er wie der kommunikative Akt ein entsprechendes Merkmal als dominant auf: Er informiert (sach-orientiert), appelliert (partner-orientiert) oder manifestiert (selbst-orientiert)." Zumindest unter einem solchen allgemeinen Vorzeichen hätte man es bei Short Messages mit einer Form brieflicher Kommunikation zu tun. Jede Kommunikation lässt sich indessen unter diesem Vorzeichen verstehen. Markant sind indessen die Momente der Verschriftlichung und des Phasenverzuges. Schreiben allein schon verlangt Zeit und Geschriebenes zu lesen ebenso. Allemal entzieht sich das Schriftliche der Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes. WICHTIG SMS-Nachrichten sind zwar durchaus kondensiert, indessen weniger korrigiert. Womöglich wird gar der Brief als „schriftliches Gespräch" (Velusig 2000) auf die Spitze getrieben; der Phasenbezug bleibt dabei variabel - abhängig von den Dringlichkeiten der Kommunikationszwecke oder den aktuellen persönlichen Beziehungslagen. SMS-Nachrichten zeigen indessen ein Verquicken von schriftlicher und mündlicher Kommunikation. Anregend ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung von medialer und konzeptioneller Schriftlichkeit/Mündlichkeit. Zentrale kommunikative Parameter einer SMS: Kommunikationsmedium: Mobiltelefon Zeitliche Dimension: Asynchronizität 20 Gabriela Rykalovä - Mediensprache Räumliche Dimension: Distanz Kommunikationsrichtung: Dialogizität Anzahl der Kommunikationspartner: One-to-one-Kommunikation In erster Linie handlungsorientierte Funktionen: Organisation des Alltags, Treffen, Bestätigen von Verabredungen, sich melden in Momenten der Langweile usw., d.h. Alltagsaktivitäten koordinieren und soziale Beziehungen aufrechterhalten. FRAGEN UND AUFGABEN 1. Fassen Sie die wichtigsten Unterschiede zwischen einem Brief und einer E-Mail zusammen. 2. Charakterisieren Sie die Kommunikation mittels Briefe mit Hilfe von zentralen kommunikativen Parametern (siehe SMS). 3. Sammeln Sie Argumente für Ihre Antwort auf folgende Frage: Sind SMS-Botschaften Briefe ? 4. Was sind die wichtigsten Funktionen einer privaten SMS? ZUSAMMENFASSUNG Kommunikation kann in schriftlicher Form einerseits in Form eines greifbaren Schreibens (Briefes) verfasst werden, dass jedoch durch einen Dienst oder eine Person dem Adressaten übermittelt werden muss. Andererseits sind wir Zeugen davon, dass diese greifbaren Briefe langsam aber sicher durch digitale Medien ersetzt werden, die in vieler Hinsicht fortschrittlich sind, aber auch Risiken mit sich bringen können. 21 CHATSPRACHE 4 CHATSPRACHE ZIELE Dieses Kapitel stellt die Chatsprache als solche samt ihrer Eigenschaften und sprachlichen Merkmale dar. SCHLÜSSEL WÖRTER Netzkommunikation, Sprachökonomie, Jugendsprache, Spontaneität, Kommunikationspartner, Vertrautheit, Umgangssprache, Abkürzungen, Emotionen. DEFINITION Die Chatsprache ist eine Art Netzkommunikation mit folgenden Eigenschaften: Kommunikative Nähe Dialogizität Spontaneität Vertrautheit Gleichrangigkeit der Kommunikationspartner Freie Themenentfaltung Ein übergreifendes sprachliches Merkmal ist die Tendenz zur konzeptionellen Mündlichkeit: Informelle Phonologie Elliptische Syntax Sprechsprachliche Konstruktionen Umgangssprachlicher Wortschatz Tendenz zur durchgehenden Kleinschreibung Paraverbale graphische Mittel 22 Gabriela Rykalovä - Mediensprache TEXT Chatsprache Die Chatsprache (lat. Chattus-lallus) ist eine mittlerweile sehr verbreitete und ziemlich einfache Nicht-Sprache. Häufig wird sie im so genannten "Chat" verwendet. Die Chatsprache wird bei vielen Jugendlichen als "korrektes" Deutsch anerkannt. Groß- und Kleinschreibung scheint in der Chattus-lallus nicht gegeben zu sein. Herkunft Die Chattus-lallus entwickelte sich während der Zeit des Internets. Als sich die ersten Analphabeten in die Weiten des Internetzes wagten, versuchten sie via Chat mit anderen zu kommunizieren. Da diese Genies nicht einmal einen simplen Satz formulieren konnten, ohne dass sie zwei oder mehr Wörter vergaßen, bildete sich von Zeit zu Zeit die Chattus-Sprachus. Nun hat sich diese Sprachart auch auf den Alltäglichen Sprachgebrauch übertragen. Natürliche Feinde Der natürliche Feind der Chattus-lallus ist der gemeine Deutschlehrer. Er versucht mit allen Mitteln diese Sprache auszurotten. Hierbei lässt er sich auch auf keinerlei Kompromisse ein. Doch warum versuchen einige Menschen diese einfache und Dummenfreundliche Sprache auszulöschen? Es liegt daran, dass man niemanden braucht, um diese Sprache zu erlernen. Die Chattus-lallus ist so simpel, dass man meist nur wenige Tage in der Öffentlichkeit benötigt, um die Grundsätze und die Grammatik zu erlernen. Also wird kein Lehrer benötigt, und ohne Lehrerbenötigung hat der Lehrer keinen Job. Beispiele für Chat bb* = byebye; bei berlin kp* = kein plan, je nach Situation auch kein problem ibsvbwimgdsd = ich bin sowas von behindert weil ich mir grad diesen scheiß durchlese lol = laughing out loud hdl = Hab dich lieb omg = Oh my God GN8, ss = Gute Nacht, schlaf schön (http://www.stupidedia.org/stupi/Chatsprache) 23 CHATSPRACHE FRAGEN UND AUFGABEN 1. Lesen Sie den Text auf Seite 23. 2. Was wird über die Chatsprache gesagt? Wie ist Ihre Meinung dazu? 3. Finden Sie nach weiteren sprachlichen Mitteln, die für die Chatsprache typisch sind. ZUSAMMENFASSUNG Chatsprache als Kommunikationsmittel ist heutzutage allgegenwärtig und ein fester Bestandteil herkömmlicher und offizieller (auch amtlicher) Kommunikation. Geprägt ist die Chatsprache vor allem von der Jugendsprache, einer oft elliptischen Syntax, einem umgangssprachlichen Wortschatz und der emotionellen Ergänzung durch Emojis. 24 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 5 SPRACHÖKONOMIE ZIELE Dieses Kapitel soll sprachökonomische Tendenzen im Bereich der Syntax, Morphologie und der Lexik darstellen. Weiter wird die Stilisierung durch die Verwendung von Kurzwörtern gezeigt. SCHLÜSSEL WÖRTER Effektivität, Effizienz, Aufwand, Sprachgebrauchsumfeld, Kurzwort, Nominalstil und Komposita. DEFINITION Das Wort Sprachökonomie ist ein Determinativkompositum, das aus Wörtern Sprache und Ökonomie zusammengesetzt wird. Daraus ergibt sich, dass es sich um eine Art von Ökonomie handelt, die sich auf die Sprache bezieht. Das heißt, ein sehr komplexes System, bei dem zwei Aspekte miteinander konkurrieren: Aufwand und Ergebnis. Sprachhandlungen sollten insofern grundsätzlich effektiv sein, denn nur dann handelt es sich um gelungene Kommunikation. Beispiel: 1. „Es zieht" 2. „Mir ist kalt, da das Fenster offen ist. Könntest du das Fenster bitte schließen, damit die kalte Luft nicht hineinkommt? " 25 SPRACHÖKONOMIE Ergebnis Erfolgreich nicht erfolgreich Aufwand ▲ Aufwand T effektiv Effizient Aufwand ▲ Aufwand T ineffizient ineffektiv Die Sprachökonomie wird nach allgemeiner Auffassung als eine der treibenden Kräfte des Sprachwandels angenommen und als solche kommt sie auf lautlicher, morphologischer und syntaktischer Ebene vor. Sie betrifft sowohl die geschriebene als auch die gesprochene Sprache. 5.1 Sprachökonomische Tendenzen Das gegenwärtige Deutsch weist viele Tendenzen auf, zu den stärksten Trends gehört jedoch das Bestreben nach Vereinfachung und Rationalisierung des Sprachgebrauchs. Diese Tendenz wird schon seit einigen Jahrhunderten in verschiedenen Bereichen wie der Satzbau beobachtet und nachgewiesen, im 20. und 21. Jahrhundert setzt sie sich allerdings noch schneller und auffälliger durch. Mit der rationellen Sprachverwendung wird insbesondere das Ziel gemeint, mit wenigen sprachlichen Mitteln viele Informationen zu vermitteln, und weiterhin auch Veränderungen, die der Systematisierung und der Vereinfachung des Sprachbaus dienen. 26 Gabriela Rykalová - Mediensprache 5.1.1 Tendenzen im Bereich der Morphologie 1. Passivkonstruktionen Zu den sprachökonomischen Tendenzen im heutigen Deutsch gehört auch die hohe Frequenz von Passivkonstruktion und Passivsynonymen, die insbesondere der Verallgemeinerung dienen. Das werdeřz-Passiv eignet sich vor allem zur unpersönlichen und sachlichen Darstellung solcher Vorgänge, die durch objektive Ursachen unabhängig von menschlicher Tätigkeit verlaufen. 2. Partizipialkonstruktionen Partizipialkonstruktionen sind ein Mittel, mit dem man Umfang der Sätze vergrößern, also den Inhalt eines Satzes komprimieren kann. Im Zusammenhang mit den sprachökonomischen Tendenzen wird auch eine häufigere Verwendung des Partizips I erwähnt, die man in der letzten Zeit insbesondere in modernen sprachwissenschaftlichen Texten beobachten kann. 3. Würde-Umschreibungen für Konjunktiv II Die analytischen Verbformen werden regelhaft gebildet und müssen im Unterschied zu den unregelmäßigen nicht erlernt werden. So wird der analytische Kon-juktiv II des unregelmäßigen Verbs gehen regelmäßig aus flektiertem würde + Inf. Gebildet: ich würde gehen, du würdest gehen, er würde gehen etc. gebildet. Der synthetische Konjuktiv II hingegen basiert auf unregelmäßigen Stammformen: ging: ich ginge, du gingest, er ginge usw. 5.1.2 Tendenzen im Bereich der Lexik 1. Nominalstil Substantiva bilden etwa zwei Drittel aller Stichwörter, sie sind viermal stärker im Wortschatz vertreten als das Verb, das nur 16,2 % aller Stichwörter vorstellt. Im Nominalstil sind die Substantive die Inhaltsträger, wobei die Bedeutung der Verben abgeschwächt wird. Die Verben haben dann nur noch eine Tempus- und Modusfunktion und werden daher Funktionsverben genannt. Zusammen mit Nomina 27 SPRACHÖKONOMIE bilden sie dann sog. Funktionsverbfügungen. Eine Funktionsverbfügung wird von einem Funktionsverb und aus einem Präpositionalobjekt oder einem Akkusativobjekt gebildet. Das Verb nimmt im Satz die zweite Stelle ein, wobei das Bedeutungsglied am Ende des Satzes steht. Mittels der Nominalgruppen lassen sich auch das Passiv und komplizierte Passivkonstruktionen ersetzen. Neben den Funktionsverbfügungen gehören zu dem Nominalstil die Verbalsubstantiven, die in manchen Fällen sogar ein Satzgefüge auf einen einfachen Satz reduzieren kann. Durch Wegen Nichtbefolgung der Vorschriften kann der Nebensatz weil die Vorschriften nicht befolgt wurden ersetzt werden. 2. Kurzwörter Sie entstehen aus schon in der Sprache existierenden Wörtern, beide Formen sind von identischer Bedeutung, in der Regel existieren sie parallel, aber häufig haben sie eine andere stilistische Funktion. Die Kurwörter wirken leger, vertraut, daher werden sie eher in der Umgangssprache bzw. der gesprochenen Sprache verwendet, während im offiziellen, formelleren Schriftverkehr häufiger die Vollformen zu finden sind, z.B. Uni neben Universität. Allgemein werden die Kurzwörter nach ihrem Bildungstyp in folgende Gruppen gegliedert: 1. Buchstabenkurzwörter (auch Initialwörter oder Akronyme genannt) setzten sich meistens aus den ersten Buchstaben der einzelnen Komponenten der Vollform, z.B. ZDF aus drei Wörtern Zweites Deutsches Fernsehen. Die Buchstabenkurzwörter werden nach der Art ihrer Aussprache unterschieden: a) nach dem Lautwert der Buchstaben, z.B. ISBN oder b) wie normale Wörter gebunden, z.B. NATO/Nato, UFO/Ufo oder Laser. In einigen Fällen schwankt die Aussprache, meist ist die gebundene die umgangssprachlichere: Jats " neben „ef a zet" für FAZ. 2. Silbenkurzwörter bestehen aus einem, zwei oder drei Segmenten. Die meisten haben zwei Segmente, z.B. Kripo für Kriminalpolizei. Die Silbenkurzwörter werden danach weiter unterscheidet, aus welchem Segment der Vollform gebildet wird. Falls das Kurzwort aus dem Anfang der Langform besteht, z.B. Disko, dann nennt man das Kopfwort, falls aus dem Endsegment der Vollform, dann heißt das Schwanzwörter, z.B. Cello von Violoncello. Falls ein Mittelteil weggelassen wird, spricht man über Klammerform, z.B. Autozulieferer von Autoherstellerzulieferer. 28 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 3. Mischkurzwörter bestehen aus mindestens zwei Segmenten, und zwar aus Buchstaben und Silben, z.B. Azubi von Auszubildende, aus Buchstaben und Wörtern, z.B. U-Boot aus Unterwasserboot, oder aus Silben/Silbenresten und Wörtern, z.B. Pauschbetrag von Pauschalbetrag. 4. Genormte und international festgelegte Kürzel dienen als international anerkannte Maß- und Mengeneinheiten, z.B. m im Meter, Bezeichnungen physikalischer Größen, chemischer Elemente oder als Länder- oder Währungscodes. Daneben sind es auch z.B. Domainendungen im Internet. 5. Morphemkurzwörter (Wort-Kurzwörter) werden nicht unbedingt in einem Wörterbuch aufgeführt, ihre Bedeutung ist nämlich ganz klar, z.B. Ober für Oberkellner oder Hoch für Hochdruckgebiet. 3. Zusammensetzungen (Komposita) Die deutsche Sprache ist an Komposita besonders reich, denn sie ermöglichen, umfangreiche Sachverhalte kürzer und komprimiert auszudrücken. Während aber bei Kurzwörtern aus der langen Form eines oder mehrere Wörter eine kürzere Form gebildet wird, ist das Verfahren bei Zusammensetzungen umgekehrt. Durch Verbindung zwei oder mehrerer Wörter entsteht ein ganz neues Wort. Es können auf diese Weise neue Substantive, Adjektive aber auch Verben und andere Wortklassen gebildet werden. Die Komposition ist eine der wichtigsten Wortbildungsarten in der heutigen deutschen Sprache. Daneben ist es für die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten typisch, dass immer längere Komposita entstehen. Es werden mehrere Typen von Komposita unterschieden, die üblichste Gliederung ist nach syntaktisch-semantischen Kriterien, d.h. auf Beziehungen, die innerhalb der Komposita zwischen den einzelnen Gliedern bestehen. 1. Determinativkomposita bestehen aus einem übergeordneten Grundwort (Determina-tum) und aus einem Bestimmungswort (Determinans). Diese sind nicht austauschbar. Das Grundwort steht immer an der letzten Stelle und bestimmt die Wortart, beim Substantiv 29 SPRACHÖKONOMIE auch das Genus. Die Determinativkomposita werden weiter in zwei Gruppen untergeteilt: a) endozentrische Komposita, wo die Gesamtbedeutung innerhalb der Bedeutung der einzelnen Glieder bleibt, z.B. Haus+Tür und b) exozentrische Komposita/Possesivkomposita, wo die Bedeutung des gesamten Wortes über die Bedeutung der einzelnen Glieder hinausgeht. Es ist immer Ergebnis des lexikalischen Bedeutungswandels, z.B. Tausendfüssler. 2. Im Unterschied dazu werden die Kopulativkomposita aus Gliedern der gleichen Wortart zusammengesetzt, die paradigmatisch gereiht sind. Außerdem vertreten die Glieder die gleiche Bezeichnungsklasse, sie befinden sich auf derselben Stufe innerhalb der Begriffshierarchie und können theoretisch ausgetauscht werden. Es ist möglich, sie in eine kopulative Satzteilkonstruktion umwandeln, die aus Simplizia besteht, z.B. Strumpfhose. 3. Zusammenrückungen sind ein Sonderfall, wo das letzte Glied nicht die Wortart des Kompositums bestimmt, z.B. Taugenichts. ZUSAMMENFASSUNG Die Sprachökonomie gehört zu den treibenden Kräften des Sprachwandels und kommt auf lautlicher, morphologischer und syntaktischer Ebene vor. Sie dient der Stilisierung in der geschriebenen, als auch der gesprochenen Sprache. FRAGEN UND AUFGABEN 1. Fassen Sie die 5 wichtigsten Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache im Bereich Sprachökonomie. ZEIT FÜR EINEN KAFFEE! 30 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 6 JUGENDSPRACHE ZIELE Im folgenden Kapitel wird der sich stets wandelnde Jargon der Jugend samt seiner wichtigsten Merkmale an verschiedenen Beispielen vorgestellt. SCHLÜSSEL WÖRTER Jargon, Sprachprofilierung, Identitätsfindung, Distanzierung, Sprachökonomie. DEFINITION Jugendsprache ist ein spezieller Jargon der Jugend, der sich vermutlich fast überall auf der Welt beobachten lässt. Als wesentliche Motive der Jugendsprache erscheinen Abgrenzung und Selbstdefinition bzw. Identitätsfindung. Eine traditionelle Definition entwarf Helmut Henne, welche wie folgt lautet: „Jugendsprache bezeichnet spezifische Sprech- und Schreibweisen, mit denen Jugendliche u. a. ihre Sprachprofilierung und damit ein Stück Identitätsfindung betreiben". (Henne 1981:373) Ehmann (1996:23) hat hinsichtlich der Jugendsprache folgende Thesen aufgestellt: Es gibt nicht die eine Jugendsprache, weil es die Jugend als homogene Gruppe nicht gibt. Vielmehr existieren mehrere Jugendsprachenvarietäten nebeneinander, die sich wiederum gegenseitig inspirieren (Szenensprache, Musikerjargon, Schüler- bzw. Studentensprache usw.); sie sind auch stets ein seismographischer Reflex des jeweiligen gesellschaftlichen Umfeldes. Es gibt nicht die Jugendsprache an sich, wohl aber jugendspezifische Besonderheiten, die sich in sprachlicher, grammatischer, lautlicher und wortbildungsspezifischer Hinsicht deutlich von der Standardsprache abheben. 31 JUGENDSPRACHE Es gibt nicht die Jugendsprache als mehr oder weniger komplettes Sprachsystem, sondern lediglich das schnelllebige, sich nicht zu einer festen Struktur verdichtende Sprechen von Jugendlichen. 6.1 Merkmale der Jugendsprache 1) Bedeutungsverschiebungen bzw. - Veränderungen (= semantische Variation) fundamental - 'allgemeiner Superlativ für Dinge, Überzeugungen und Einstellungen im Sinn- von „super, klasse, prima'" Bonsai - 'kleingewachsener Junge' Dinos - ,Eltern' 2) Bedeutungserweiterungen (= semantische Addition) fett - 'super, sehr, gut/ schön, voll in Ordnung' hämmern - 'hart arbeiten' 3) Bedeutungsverengungen Looser - 'Verlierer, Versager, erfolglose Person' Lotter -'Spaßvogel, Witzbold' tricky - 'durchtrieben, trickreiche Person' 4) Bedeutungsumkehrungen (= semantische Paradoxa) Massage - 'heftige Abreibung, Schlägerei' Korkenknaller - 'müder Witz, schlappe Unterhaltung' 5) Wortneuschöpfungen (=Neologismen) alken, picheln, Kolben zwitschern - 'sich hemmungslos betrinken' Fossilscheibe - 'Oldie, alte Schallplatte' Heizkeks - 'Person, die auf Partys die Stimmung anheizt' Sumpfziege - 'hässliche Person weiblichen Geschlechts' Mumienschieben - 'Tanzabend / Tee um 5' 6) Vereinfachungen (= Ökonomisierung) aso - 'ach so' Poli -'abwertend für Polizei' 7) Superlativierungen (= Steigerung von Begriffen, indem man „super", „mega", „ham-mer", „extra", „urest" davor setzt) superlustig, Superbirne - 'Person mit hoher/ wenig Denkintelligenz' Das war ein mega spitzen klasse Konzert/ eine urest Party. 32 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 8) Fremdsprachliche Anleihen (= Internationalismen) Supporter - 'Eltern' Mansche - 'Blackout, kurzzeitige Schwächephase, plötzlicher Aussetzer', beachen [bi:cen] - 'am Strand liegen, baden gehen', (vgl. Ehmann 2001:8f.). Sehr häufig sind jugendsprachliche Ausdrücke in Kollokationen oder Phraseologismen eingebunden und fast ausschließlich mit bestimmten Kollokationspartnern auftreten. z.B.: Ich habe einen/keinen. Ich peil das nicht. Er schnallt das nicht. Er tickt nicht richtig. Er geht mir auf den Keks/Zwirn/Sack. Ganz cool bleiben! Mmach 'n Abgang! Die Jugendsprache ist nicht selten sehr kreativ: Ich geh' kaputt, gehst du mit? Du hast keine Chance, aber nutze sie! FRAGEN UND AUFGABEN 1. Was versteht man allgemein unter Jugendsprache? 2. Was ist für die Jugendsprache typisch? 3. Warum gibt es überhaupt eine Jugendsprache? 4. Nennen Sie einige jugendsprachliche Ausdrücke. 5. Ordnen Sie die jugendsprachlichen Wortverbindungen ihren Entsprechungen zu: A: eine Straßenpizza produzieren horizontal benachteiligt Achselterror haben intelligenter Toilettenbesucher Analhusten haben ein Lungenbedürfhis haben passt schon! auf den Keks gehen B: 'in Ordnung!', 'sich übergeben', 'stark schwitzen', 'rauchen wollen', fett, dick', furzen', Klugscheißer', ,nerven' 33 JUGENDSPRACHE TEXT E-Mail von M (männlich, 20 Jahre) an Lisa (weiblich, 15 Jahre): Hi Lisa! > ich hoffe du bist gut aber nicht zu wild ins neue jähr gerutscht, na klar, war wie jedes Jahr in der Bucht und dann im Felix > dir das übliche bla, bla fürs neue! gleichfalls © > Könntest du mir mal die e-mail adresse deines bruders senden? Da ich sie > wirklich noch nicht habe! Nö! ... Na gut...: C*****@ gmx.de > Also, vielleicht siehr man sich ja mal... > fühl dich gedrückt Krieg schon gar keine Luft mehr, arrrgggggghhhhhhh, hust, keuch..... © DeinM**** © FRAGEN UND AUFGABEN 1. Lesen Sie den Text oben und charakterisieren Sie die verwendeten sprachlichen Mittel. ZUSAMMENFASSUNG Jugendsprache wird verwendet, um eine Gruppe zu konstituieren und sie von anderen abzugrenzen, wobei charakteristischerweise sprachspielerische Mittel und oft auch Tabuwörter verwendet werden. Die Jugendlichen suchen intensiv nach dem besonders originellen Ausdruck, nach überraschenden Formulierungen und erneuern so ständig das Formeninventar. Das bedeutet, dass die Jugendsprache wesentlich zur Erweiterung des Wortschatzes beiträgt, wobei es sowohl um die Form als auch um den Inhalt der Sprache geht. 34 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 7 PRESSESPRACHE ZIELE Dieses Kapitel befasst sich mit der Pressesprache, ihrer Differenzierung nach unterschiedlichen Funktionen und den einzelnen Erscheinungsformen. Eine besondere Aufmerksamkeit wird dem Medium ,Zeitung' gewidmet, sowie einer möglichen Einteilung der Zeitungen nach unterschiedlichen Kriterien. SCHLÜSSEL WÖRTER Presse, Medium, Zeitung, Journalismus, Popularität, Meinungsbildung, Bildsprache, Zugänglichkeit und Publikationsorgan. DEFINITION Der Pressesprache kommt die Kommunikationsrolle zu, deren Medium unter anderem Zeitung ist. In diesem Zusammenhang sagt H. Eggers dazu: „auf jeden Fall spiegelt die Sprache der Zeitung unmittelbarer den Sprachzustand ihrer Zeit, als es jedes andere gedruckte Medium vermag." (Lüger 1983:23). Zeitung ist der breiten Öffentlichkeit zugänglich. In der Zeitung wird über die aktuelle Lage aller Ereignissen weltweit berichtet. Dabei ist die Information in der für den Leser verständlichen und sprachlich einfachen Form dargestellt. Außerdem trägt die Pressesprache der Meinungsbildung bei. Die Form der Pressesprache ist schriftlich (vgl. Hoffmann 2007:32). Die Pressetexte sind raum-zeitlich beschränkt, d.h. zwischen Produktionssituation und Rezeptionssituation liegt einen gewissen Zeitraum bis den angefertigten Test ausgedruckt und an den Leser ausgeliefert wird (vgl. Burger 2005:28). Das Hauptanforderung an die Pressesprache ist Verständlichkeit. Die Sprache darf daher nicht auf der gehobenen Stilschicht beschränkt werden. Verständlichkeit wird durch einen normalsprachlichen Stil erreicht, obwohl es nicht immer möglich ist, da man auch 35 PRESSESPRACHE berücksichtigen muss, dass der Rezepientenkreis nicht einheitlich ist und es zahlreiche Zeitungstypen und Publikationsorgane gibt (vgl. Lüger 1983:12). Aus diesen Gründen kann man in Zeitungsartikeln sowie Jugendsprache als auch Terminologie finden. 7.1 Differenzierung der Pressesprache 1) nach Quellen, wo die Pressesprache Anwendung findet • Sprache einzelner Zeitungstypen (z.B. seriöse Presse, Tageszeitungen) • Sprache einzelner Publikationsorgane (z.B. BILD, Der Spiegel) • Sprache von Zeitungssparten und -rubriken (z.B. Wirtschaft, Kultur, Politik) 2) nach der Spezifik des Anwendungsbereichs der Sprache • nach der Spezifik von Journalismus Konzepten (z.B. populärer, investigativer, sozialwissenschaftlicher Journalismus) • nach Spezifik journalistischer Berufsrolle (z.B. Sport-, Wissenschafts-, Wirtschaftsjournalismus) • nach Typen der Stoffdarbietung (z.B. Meinungsbildung, Tatsachendarstellung) Außerdem unterscheidet man zahlreiche Text- und Gesprächssorten, beispielsweise Zeitungsnachricht, Zeitungsbericht, Leitartikel, Pressekommentar, Reportage, Interview, Kolumne, Glosse, Essay usw. (vgl. Hoffmann 2007:32f.) Pressesprache ist auf heterogenes Lesepublikum orientiert und ist wie gesagt nicht einheitlich. Es ist daher schwierig, die lexikalischen bzw. stilistischen Merkmale eindeutig zu bestimmen. Das wird auch in der Tabelle von D. Kroppach gezeigt. Er unterscheidet zwei Gruppen der Aussageweisen in der Pressesprache: tendenziell repressive Aussageweisen und emanzipatorische Aussageweisen. Die erste Gruppe ist emotionale, pathetische kommerziell werbende, propagandische und affirmative Sprache. Alle diesen Subgruppen haben ihre eigenen Besonderheiten. Emotionale Sprache heißt affektischer Wortschatz, Ausrufe und Anreden, Superlative, expressive Wortstellung usw. Pathetische Sprache machen gefühlsüberladene und übersteigerte Ausdrucksweisen. Wir-Stil, Alltagssprache, 36 Gabriela Rykalovä - Mediensprache Wortmacherei Bildlichkeit usw. sind die Bestandteile der kommerziell werbenden Sprache. Für die propagandistische Sprache sind Imperative, Wortspiel er ei en, wertenden Nomina, Lob des Lesers usw. typisch. Affirmative Sprache enthält ideologisch fixierter Wortschatz und Formelhaftigkeit. Im Gegensatz zu den oben aufgelisteten Merkmalen der tendenziell repressiven Sprache ist die emanzipatorischen Aussageweisen nicht mit bildhaften Ausdrucksweisen aufgeladen. Die Subgruppen dieser Ausdrucksweisen sind referierende und bewertende Sprache. Typischerweise werden für die erste Subgruppe, referierende Sprache, neutraler und objektiver Wortschatz gebraucht sowie Zitate, verdeutlichende Bilder und einfache Syntax. Berwertende Sprache basiert auf Trennung von Wertungen und Fakten, nicht Zulassen von Polemik und den alternativen Ausdrucksweisen usw. Für diese zwei Subgruppen gilt, dass diese Sprache nach der alltäglichen Sprache orientiert - Ellipsen, Parenthese, praktischer Satzbau. Sie sind sowohl leserorientiert - Begriffserklärungen, klare Aussagen, Hintergrundinformationen sind Bausteine dieser Sprache (vgl. Lüger 1983:21). Deswegen kann die Pressesprache in bildhafte und neutrale Sprache geteilt werden und es gibt kein einheitliches Muster, nach dem die Pressetexte geschrieben werden können. Die Vielfalt der Themen erschwert die Lage ebenso. In seinem Werk „Mediensprache" beschäftigt sich Burger mit unterschiedlichen Textsorten innerhalb der Pressesprache. Darunter sind Meldung, Bericht, Kommentar, Reportage, Interview und Zitatenbericht. Dabei ist es zu betonen, dass nicht alle oben beschriebenen Merkmale allen aufgelisteten Textsorten entsprechen. Wenn man Merkmale einer Meldung betrachtet, dann wird es klar, dass darin meistens Fakten in knapper Form aufgeführt werden. Währenddessen ist der Kommentar mit wertenden Sprechhandlungen versehen, die stets mit Emotionen verbunden sind und mit expressiven Sprachmitteln wie Idiomen, Metaphern ausgedruckt werden. Für eine Meldung ist dies nicht typisch (vgl. Burger). ZUSAMMENFASSUNG Dieses öffentlich zugängliche Kommunikationsmedium erscheint durch verschiedene Zeitungstypen, mithilfe von Publikationsorganen und unterliegt unterschiedlichen Zeitungssparten und -rubriken. Anhand des Anwendungsbereichs der Sprache richtet sich 37 PRESSESPRACHE dieses Kommunikationsmedium unter anderen, durch sein Journalismus Konzept, den populären, investigativen oder sozialwissenschaftlichen Journalismus. Weiter spezifischen Berufsrollen, wie beispielsweise dem Sport-, dem Wissenschafts- oder Wirtschaftsjournalismus. Den Text- und Gesprächssorten nach gliedern sich diese Texte beispielsweise in Zeitungsnachrichten, Zeitungsberichte, Leitartikel, Pressekommentare, Reportagen, Interviews, Kolumnen, Glossen, Essays usw. ZUSAMMENFASSUNG 1. Welche Zeitungstypen gibt es? 2. Welchen Einfluss hat der Zeitungstyp auf die Wahl der sprachlichen Mittel? 3. Welchen Einfluss hat der Anwendungsbereich auf die Wahl der sprachlichen Mittel? 4. Zeigen Sie es anhand von konkreten Beispielen aus der Presse. 38 Gabriela Rykalovä - Mediensprache 8 WERTENDE SPRACHE ZIELE In diesem Kapitel werden verschiedene Kategorien der wertenden Sprache vorgestellt, wie z.B. wertende Adjektive, morpho-syntaktische Mittel, stilistische Mittel und Wechsel im Ausdruck. SCHLÜSSEL WÖRTER Hervorhebung, Übertreibung, Umschreibung, Verschleierung, Beurteilung, Kritik, Bild-haftigkeit, Expressivität. EINLEITUNG Auf Wortebene ist zu unterscheiden zwischen a) Wörtern, deren wertende Bedeutung lexikalisch verbrieft ist, d.h. die auf Langue-Ebene wertende Bedeutung oder einen wertenden Bedeutungsanteil (groß) haben und die ausdrücken, daß der bewertete Gegenstand einen Sollwert erfüllt oder nicht z.B.: gut, hervorragendI klasse, irre b) deskriptiven Wörtern, die aufgrund des Kontexts eine wertende Funktion erhalten und eine vergleichsbestimmende Hinsicht und eine Ordnung deutlich machen. z.B.: Höhepunkt, überraschend lang/kurz Zusätzlich kommt vielen Wörtern „neben ihrer begrifflichen Bedeutung ein Komplex emotionaler und/oder wertender Begleitvorstellungen, sogenannter Konnotationen zu." (Bayer 1982:19) Diese drücken ein spezifisches Wertsystem eines Individuums, einer Gruppe oder einer Gesellschaft aus, dass sich im Lauf der Zeit ändern kann. z.B.: Team/Kollektiv, Wohnung/Bude/Kutsche/Loch 39 WERTENDE SPRACHE 8.1 Hervorhebung durch Adjektive Einen sehr großen Anteil an den wertenden Wörtern in der Sprache haben die Adjektive. Adjektive bestimmen Merkmale und Eigenschaften der Bezugsgröße näher, sie können als Attribut zu Adjektiven oder Adverbien auch graduierend wirken, z.B. um eine Wertung zu differenzieren (s.u.). z.B.: a) gut, mittelmäßig, schlecht oder etwas differenzierter bewundernswert, großartig, mustergültig, perfekt, vortrefflich, wundervoll gegenüber abscheulich, mangelhaft, miserabel, schlimm, undiskutabel b) intelligent, mutig, töricht oder auch lecker, wohlschmeckend, schmackhaft, delikat c) Mies oder Hasse haben zusätzlich neben ihrer Wertbedeutung einen emotionalen Bedeutungsanteil (Sandig 1979:142), geben aber ebenfalls kein Bewertungskriterium an. Funktion der Adjektive 1. Durch den attributiven und prädikativen Gebrauch des Adjektivs kann der Sprecher/Schreiber die mit Substantiven genannten Wesen, Dinge, Begriffe u. ä. charakterisieren, und zwar im Hinblick auf Merkmale und Eigenschaften, Art und Beschaffenheit, Verfassung und Zustand u. ä. (DUDEN 1984:266) 2. Durch diesen Gebrauch [= den adverbialen Gebrauch beim Verb] des unflektierten Adjektivs [...] kann der Sprecher/Schreiber ein mit Verben genanntes Geschehen oder Sein näher charakterisieren (Zustände, Vorgänge, Tätigkeiten, Handlungen) [...] (DUDEN 1984:269) 8.2 Morpho-syntaktische Mittel • Normabweichende Sprachformen Mit Wörtern anderer Stilschichten (z.B. mit einem umgangssprachlichen Wort) nimmt man oft eine Wertung vor. Beispiele: Alle Parteien sauer über das „ Spiegel "-Bild der Ossis. Hauptzollamtsleiter gefeuert. 40 Gabriela Rykalovä - Mediensprache • Akzentuierende Satzgliedfolge Durch eine Spitzenstellung lassen sich einzelne Teile einer Aussage akzentuieren. Beispiele: Krank ist auch der eingebildet Kranke. • Expressive Satzarten Wertungen lassen sich auch mit bestimmten Satzarten andeuten. als Frage: Zittauer Bankchef als Geldwäscher. Demonstation oder Komerz? als Ausruf: Ja, es ist ein Shakespeare! Kombination: Nach Spanien ? Ach was! 8.3 Stilistische Mittel • Ironie Ironie funktioniert nach dem Prinzip, dass genau das Gegenteil von dem gesagt wird, was eigentlich gemeint ist. Im Mündlichen ist eine ironische Aussage mit einer entsprechenden Intonation verbunden. Sie wird in Kommentaren und Glossen verwendet, in Meldungen, Nachrichten und Berichten ist sie jedoch unzulässig, da es passieren kann, dass sie vom Leser nicht erkannt wird. Beispiele: Das hat uns gerade noch gefehlt! Das ist wirklich gelungen! • Hyperbel (Übertreibung) Hyperbel haben einen übertreibenden und wertenden Charakter. Sie sind bildhaft und stark expressiv. Beispiele: totmüde sein, splitterfasernackt, tausendmal gesagt • Verschleierungen Während Ironie und Hyperbel sprachlich verschiedene Eigenschaften hervorheben, sollen sie mit den Verschleierungen bewusst in den Hintergrund treten. Verschleierungen sind häufig in der Sprache der Politiker zu beobachten. Beispiele: die Arbeitnehmerfreisetzung für die Stellenstreichung 41 WERTENDE SPRACHE 8.4 Wertende Sprache in Rezensionen Eine Rezension ist eine kritische Besprechung eines Buches, Theaterstücks oder ähnlichem. Diese Besprechungen werden dann meist in Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlicht. Aber auch als Erfahrungsberichte im Internet gewinnen Rezensionen mehr und mehr an Bedeutung. Anstelle von Rezension können auch Substantive wie „Beurteilung", „Einschätzung" oder „Kritik" verwendet werden. Eine Rezension äußert Kritik zu einem Medium, zum Beispiel zu einem Buch. Anders als bei der Buchempfehlung geht es nicht darum, nur die positiven Seiten eines Buches zu erwähnen, sondern zu beschreiben, was einem an dem Buch gut gefallen hat und was nicht. Der Rezensent bringt in der Rezension seine persönliche Haltung gegenüber einem Buch zum Ausdruck. Diese persönliche Haltung muss der Rezensent begründen, damit sie der Leser seiner Rezension nachvollziehen kann. Auf diese Weise möchte der Rezensent die Öffentlichkeit über das Buch informieren und potentielle Leser auf das Buch aufmerksam machen. FRAGEN UND AUFGABEN 1. Lesen Sie zwei Rezensionen zum Roman „Tintenblut" der Autorin Cornelia Funke. 2. Wodurch unterscheiden sie sich? 3. Vergleichen Sie die Wahl und Verwendung der wertenden sprachlichen Mittel. Welche haben Sie gefunden? 4. Welche Konnotationen bringen die einzelnen wertenden Mittel mit sich? 42 Gabriela Rykalovä - Mediensprache TEXT: Rezension Nr. 1 Cornelia Funke: Tintenblut Rezensiert von Philipp S. Eine Geschichte für alle Leser! Als Erstes fällt einem der wunderbar gestaltete Umschlag auf. Er ist in Rechtecke aufgeteilt, die entweder verzierte Buchstaben oder Motive aus der Geschichte enthalten. Der Titel „Tintenherz" ziert in heller Schmuckschrift die Mitte des Covers. Aus einer anderen Welt Cornelia Funke schildert in diesem packenden Fantasyroman die Abenteuer von Meggie und ihrem Vater Mortimer. Da ihre Mutter eines Nachts verschwunden ist, lebt Meggie jetzt allein mit ihrem Vater zusammen. Plötzlich taucht nachts ein Fremder namens Staubfinger bei ihnen auf. Dieser warnt Mo und Meggie vor dem grausamen Capricorn. Daraufhin fahren sie zu Meggies Tante Elinor, bei der Mo, der „Bücherarzt", Elinors Bücher restaurieren soll. Einige Tage später taucht auch Staubfinger dort auf. Er verrät sie an Basta, Capricorns Helfer, der Mo zu Capricorn bringt. Deswegen fährt Meggie ihnen mit Elinor hinterher, um Mo zu retten, wird aber dann auch von den brutalen Bösewichten gefangen. Nun müssen sie sich gemeinsam mit Fenoglio, der das Buch „Tintenherz" geschrieben hat, aus welchem Capricorn, Staubfinger und Basta von Mo herausgelesen worden sind, aus den Fängen der Bösewichte befreien. Ein dicker Schinken, der schnell gelesen ist So traurig und böse ist natürlich nicht die ganze Geschichte. Dies alles wird uns schon auf den ersten ca. 120 Seiten des 573 Seiten starken Romans erzählt. Es ist aber notwendig, um die Gefühle der Hauptpersonen und Zusammenhänge der Handlung zu verstehen. Für uns ist es ja nicht „normal" in einer Welt zu leben, in der Menschen mit speziellen Talenten Dinge und Personen aus Büchern heraus und in Bücher hinein lesen können. Ein bewundernswertes Buch Dieses wunderbare Buch muss sich keineswegs vor Fantasy-Titanen wie „Artemis Fowl" verstecken, da die Autorin die harten Zustände aus der „Tintenwelt" sehr eindrucksvoll darstellt, ohne unnötige Gewaltdarstellungen zu verwenden und diese phantastischen Begebenheiten bemerkenswert lebendig mit der Realität verknüpft. Fazit Ein ausgezeichnetes Jugendbuch, das spannend und real das heutige Leben mit einer „Tintenwelt" verknüpft, schildert. Absolut empfehlenswertes Buch für alle Fantasy-Fans, die auch gerne einmal Fantasy mit Realität verknüpft genießen wollen. 43 WERTENDE SPRACHE TEXT: Rezension Nr. 2 Cornelia Funke: Tintenblut Rezensiert von Nina L. Eine spannende Geschichte aus der Welt der Magie Das Cover zu diesem Buch ist mit fantasievollen Bildern zur Geschichte sehr gut gestaltet, lässt dem Leser jedoch die Möglichkeit eigener Vorstellungen zum Ort des Geschehens sowie zu den Figuren. Die Autorin schafft es durch ihren hervorragenden Schreib- stil den Leser in ihren Bann zu ziehen. Cornelia Funke erreicht in diesem Buch die Möglichkeit des Überschreitens der Grenze zwischen Fiktion und Realität. Sie versteht es, mit ihrer farbigen Beschreibung Figuren lebendig werden zu lassen. In die spannende Handlung hat sie geschickt Verwicklungen und überraschende Wendungen eingebaut. Über jedem Kapitel stehen - wie auch schon in „Tintenherz" - wunderschöne, passende Zitate aus anderen berühmten Büchern. Besonders hilfreich ist auch eine Karte am Ende des Buches zur Orientierung, sowie ein „who is who" der einzelnen Tintenweltler. Fazit Tintenblut ist ein ausgezeichnetes Jugendbuch, das spannend und fantasievoll das Leben von Meggie, ihren Freunden und Feinden schildert. Schnell wird man nach dem Lesen der ersten Seiten in die Tintenwelt hineinversetzt. Das Buch ist empfehlenswert für Jugendliche ab 10 Jahren, die gerne Bücher über Magie lesen. 8.5 Wechsel im Ausdruck In längeren monothematischen Artikeln kann es der Journalist nicht vermeiden, dass über eine Sache oder eine Person mehrmals gesprochen wird. Um Wiederholungen im Text zu vermeiden, sucht der Verfasser eines Textes nach Umschreibungen für das eigentliche Wort. Dadurch wird der Wechsel im Ausdruck erreicht. Es stehen ihm mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. • Synonyme Unterschiedliche lexikalische Einheiten, die sich auf ein und denselben Gegenstand oder Sachverhalt beziehen und gleiche oder ähnliche Bedeutung haben, werden als „Synonyme" bezeichnet (z.B. erhalten, bekommen, kriegen, empfangen). Man muss aber damit rechnen, 44 Gabriela Rykalovä - Mediensprache dass lexikalische Synonyme nicht beliebig im Text austauschbar sind. Die Wörter einer Synonymgruppe können sich nämlich durch stilistische Markierungen und kleine Bedeutungsnuancen unterscheiden. In journalistischen Texten finden wir häufig sinnähnliche Umschreibungen, die erst aktuell im Text entstanden sind. Sie werden als „kontextuale Synonyme" bezeichnet. Im Folgenden werden einige Beispiele genannt: • Metonymie Bei der Metonymie handelt es sich um eine Namensvertauschung oder Umbenennung. Ein Wort wird durch ein anders ersetzt. Beispiele: der Hund - der Vierbeiner Ich lese das Buch von Goethe. - Ich lese Goethe. • Synekdoche Die Synekdoche ist der Metonymie sehr ähnlich. Es geht aber um einen logischen Zusammenhang zwischen dem Gemeinten und dem Ersatzwort. Es gibt zwei Möglichkeiten des Ersetzens: 1. pars pro toto (Teil für das Ganze) Beispiel: Wir wohnen unter einem Dach, (das Dach für das ganze Haus) 2. totum pro parte Beispiel: Deutschland begrüßt die Qeen. (Deutschland für vile Menschen) • Periphrase Die Umschreibung mit anderen Worten, oder auch mit einem Satz., wobei ein Merkmal hervorgehoben wird. Im Gegensatz zur Metapher hat die Umschreibung nur selten einen bildlichen Charakter und wirkt oft sachlich und informativ Beispiel: Löwe - König der Wüste Mozart - der Komponist der Zauberflöte FRAGEN UND AUFGABEN 1. Suchen Sie in den Rezensionen oben nach sprachlichen Mitteln, die man als Wechsel im Ausdruck bezeichnen kann und bilden Sie Wörterreihen, die eine Wortwiederholung vermeiden. 45 DIALEKT IN MEDIEN 9 DIALEKT IN MEDIEN ZIELE Im folgendem wird der Gebrauch von Dialekten in Medien anhand eines Artikels von Sonja Pohlmann nähergebracht. SCHLÜSSEL WÖRTER Mundart, regionale Färbung, Regiolekt, Individualisierung, Identitätsfindung, Heimatdialekt. EINLEITUNG Sowie im herkömmlichen Sprachgebrauch kommen auch in den öffentlichen Medien verschiedene Dialekte zum Vorschein. Eine Mundart kann aus stilistischen Gründen gewollt eingesetzt werden, um Rezipienten (Leser, Hörer, Zuschauer) einer bestimmten Region zu vertreten oder anzusprechen. DEFINITION Dialekt ist eine regionale Variante einer Sprache. DWDS definiert diesen Begriff folgend: „auf eine bestimmte Region begrenzte, fast ausschließlich muttersprachlich erworbene und nicht normierte Sprachform, die überwiegend mündlich und in Alltagssituationen gebraucht wird" (https://www.dwds.de/wb/Dialekt) FRAGEN UND AUFGABEN 1. Lesen Sie den Text auf Seite 47. 2. Formulieren Sie 5 Fragen zum Thema „Verwendung von Dialekt in Massmedien". 3. Beantworten Sie die Fragen anhand des Textes. 46 Gabriela Rykalovä - Mediensprache TEXT Alles außer Hochdeutsch (von Sonja Pohlmann) Früher peinlich, heute cool. TV und Radio versuchen, mit Dialekten zu punkten. Besonders kleine, regionale Stationen erhoffen sich davon bessere Einschaltquoten. Bayrisch steht vorn in der gesamtdeutschen Beliebtheit - Sächsisch ganz hinten. Eigentlich mag Jan Hofer Dialekte. Rheinisch kann er beispielsweise auf Kommando nachmachen - darf er aber nicht, zumindest nicht in der „Tagesschau". Perfekt muss hier jedes Wort ausgesprochen werden, Sprechtrainer sorgen dafür, dass bei den Moderatoren nicht die geringste regionale Färbung zu hören ist. „Bei uns geht es um Informationen, Dialekte würden nur ablenken. Und als bundesweite Sendung müssen wir unbedingt neutral sein", sagt Hofer. Dialekt erinnert an Heimat und spricht Gefühle an Doch so intensiv wie „Tagesschau" und „Tagesthemen" achten im deutschen Fernsehen immer weniger Sender auf die dialektfreie Aussprache ihrer Moderatoren, stellt Sprachforscher Alfred Lameli fest. Auch im Radio höre man reines Hochdeutsch seltener als früher - und viele Menschen seien dankbar dafür. „In einer Welt, in der sie flexibler und mobiler sind und sein müssen, erinnert sie ein Dialekt an Heimat und spricht ihre Gefühle an", sagt Lameli, der an der Universität Marburg Dialekte erforscht. Die Rechnung der Sender ist einfach: Wenn Zuhörer und Zuschauer sich wohlfühlen, schalten sie auch lieber ihren Sender ein. So wird plötzlich der Dialekt, der früher oft als Bauernsprache verschmäht wurde, zum Marktvorteil. Sächsisch gilt als unbeliebtester Dialekt in Deutschland Hofer merkt das regelmäßig in seiner MDR-Talkshow „Riverboat", die in Leipzig produziert wird. Spricht hier einer seiner Gäste sächsisch, schnellt die Einschaltquote in die Höhe - allerdings nur im Osten. Sächsisch gilt als unbeliebtester Dialekt in Deutschland, Bayerisch als beliebster. So gehört die BR-Serie „Dahoam is Dahoam", in der nur bayerisch gesprochen wird, zu den erfolgreichsten Soaps im deutschen Fernsehen. Aber generell müssen die Programmverantwortlichen aufpassen: zu stark darf der Dialekt nicht sein. Lameli erkennt eher einen „Regiolekt", eine leichte regionale Färbung. Richtiges Niederbayerisch oder Plattdeutsch würden heute selbst Menschen nicht verstehen, die aus Bayern oder Norddeutschland kommen. Zu ausgestorben seien diese Mundarten. 47 DIALEKT IN MEDIEN Verdrängung und Reanimierung der Dialekte durch die Medien Dass Paradoxe ist: Die Medien haben erst dazu beigetragen, dass die Dialekte verschwanden. Mit dem Radio hatte Mitte der 20er Jahre das Hochdeutsch Einzug in viele Haushalte gehalten. Es galt als prestigeträchtig, wurde in allen Regionen verstanden - und setzte sich so gegen die Dialekte durch. Heute ist es genau andersherum: „Viele Jugendliche erfahren erst durch Fernsehen und Radio, wo welche Dialekte gesprochen werden", sagt Lameli. Comedians wie beispielsweise Michael Mittermeier oder Atze Schröder würden Stereotype verkörpern, über die Jugendlichen regionales Wissen lernen. Auch Werbung trage dazu bei, beispielsweise wenn bei der Weißbierwerbung bayerisch gesprochen wird oder sich das Land Baden-Württemberg damit rühmt, alles außer Hochdeutsch zu können. Inzwischen können 16-jährige Schüler Dialekte mitunter besser verorten als Erwachsene, hat Lameli herausgefunden. Erklingt der Heimatdialekt, hören aber nicht nur Leipziger genau hin. Als ZDF-Reporter Udo van Kampen am 11. September 2001 über den Terroranschlag in New York berichtete, erhielt der Sender viele Zuschauerbriefe - vor allem von Pfälzern, die nur eines interessierte: „Ist das einer von uns?" wollten sie über van Kampen wissen, der, emotional aufgewühlt, noch stärker als sonst in seine Muttersprache Pfälzisch verfallen war. Van Kampen steht zu seinem Dialekt. „Das ist mein Erkennungszeichen, und ich empfinde es als angenehm, dass mich die Leute dadurch zuordnen können", sagt van Kampen. Im öffentlichrechtlichen Fernsehen gehört er aber eher zu den Ausnahmen. Denn es sind vor allem private und regionale Sender, die mit sprachlichen Färbungen ihrer Moderatoren punkten wollen, sagt Lameli. Dazu gehören auch Berliner Radiosender wie 94,3 RS2. „Wenn ich ab und an berlinere oder Wörter wie Schrippe und Stulle benutze, bin ich näher dran an der Lebenswelt der Hörer und wirke authentischer", sagt Moderatorin Sarah Zerdick. Berliner sind sehr dialekttollerant Auch der RBB hat nichts gegen eine leicht regionale Sprachfärbung in seinen Sendungen - die nicht einmal berlinerisch sein muss. So darf „Abendschau"-Reporter Joachim Rüet-schi seine Beiträge mit Schweizer Akzent sprechen, seinem Kollegen Kemal Hür ist die türkische Herkunft anzuhören. Beschwert hat sich darüber noch kein Zuschauer, sagt „Abendschau"-Chef Peter Laubenthal: „Die Berliner sind als Großstädter so viele verschiedene Akzente und Dialekte gewohnt und deshalb sehr tolerant." „Abendschau"-Moderator Sascha Hingst lässt ebenfalls ab und an Dialekte einfließen, die er beherrscht. „Dadurch steigt man vom vermeintlich hohen Ross des Nachrichtensprechers herunter und zeigt den Zuschauern, „Ich bin einer von euch", sagt Hingst. Ein Wohnzimmergefühl vermitteln, nennt er das auch. Nur eines dürfte er vermutlich gar nicht: Sächsisch sprechen - da schalten dann wohl selbst die toleranten Berliner ab. (http://www.tagesspiegel.de/medien/sprache-und-medien-alles-ausser-hochdeut- sch/1306780.html) 48 Gabriela Rykalovä - Mediensprache FRAGEN ZUR STAATSPRÜFUNG Aus dem Bereich Mediensprache: 1. Kommunikationsbereiche, ihre typischen Merkmale 2. Gesprochene Sprache vs. Geschriebene Sprache 3. Sprachökonomie und Medien 4. Merkmale sprachlicher Ökonomie 5. Einteilung der Massenmedien, charakteristische Merkmale 6. Journalistische Textsorten 7. Wertende Sprache, Phraseologismen 49 LITERATURA Adamzik, K.: Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. Tübingen, 2004. Brinker, K.: Linguistische Textanalyse: eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. Berlin, 2005. Fandrych, Ch. / Thurmair, M.: Textsorten im Deutschen. Linguistische Analysen aus sprachdidaktischer Sicht. Tübingen, 2011. Fix, U. / Habscheid, S. / Klein, J. (Hrsg.): Zur Kulturspezifik von Textsorten. Tübingen, 2001. Fix, U. / Poethe, H. / Yos, G.: Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger: Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Frankfurt a.M., 2002. Heinemann, M. / Heinemann, W.: Grundlagen der Textlinguistik: Interaktion - Text - Diskurs. Tübingen, 2002. Linke, A. / Nussbaumer, M. / Portmann, P. R.: Studienbuch Linguistik. 5. Aufl. Tübingen, 2004. Vater, H.: Einführung in die Textlinguistik. Struktur, Thema und Referenz in Texten. 3. Aufl. München, 2001. 50 Gabriela Rykalová - Mediensprache PŘEHLED DOSTUPNÝCH IKON E m Potřebný čas Klířová slova Doplňující informace <3> I Úvodem Tutoriál m Zapamatujte si Vzorové řešení Kontrolní úkol Řešení K samostudiu Prozá m zajem ce Cíle Čas na odpočinek ^^"J Vysvětlivky k textu Shrnutí [Ďf] m m Definice Případová studie Věta Korespondenční úkol Otázky Doporučená literatura K zamyšlení 51 Název: Mediensprache Autor: doc. PhDr. G. Rykalová, Ph.D. Vydavatel: Slezská univerzita v Opavě Filozoficko-přírodovědecká fakulta v Opavě Určeno: studentům SU FPF Opava Počet stran: 51 Tato publikace neprošla jazykovou úpravou.