auch des Deichgrafen Kleinknecht war neben ihn getreten. »Hör, Hauke«, sagte er zu diesem, »nun schreien sie um dich!« Und deutlich hörte man von drinnen Ole Peters' knarrende Stimme: »Kleinknechte und Jungens gehören nicht dazu!« »Komm«, flüsterte der andre und suchte Hauke am Rockärmel in die Stubentür zu ziehen, »hier kannst du lernen, wie hoch sie dich taxieren!« Aber Hauke riß sich los und ging wieder vor das Haus. »Sie haben uns nicht ausgesperrt, damit wir's hören sollen!« rief er zurück. Vor dem Hause stand der dritte der Angemeldeten. »Ich furcht, mit mir hat's einen Haken«, rief er ihm entgegen; »ich hab kaum achtzehn Jahre; wenn sie nur den Taufschein nicht verlangen! Dich, Hauke, wird dein Großknecht schon heraus-kreteln!« >Ja, heraus !< brummte Hauke und schleuderte mit dem Fuße einen Stein über den Weg, »nur nicht hinein!« Der Lärm in der Stube wurde stärker; dann allmählich trat eine Stille ein; die draußen hörten wieder den leisen Nordost, der sich oben an der Kirchturmspitze brach. Der Horcher trat wieder zu ihnen. »Wen hatten sie da drinnen?« frug der Achtzehnjährige. »Den da!« sagte jener und wies auf Hauke, »Ole Peters wollte ihn zum Jungen machen; aber alle schrien dagegen. >Und sein Vater hat Vieh und Land<, sagte Jeß Hansen. >Ja, Land<, rief Ole Peters, >das man auf dreizehn Karren wegfahren kann!< -Zuletzt kam Ole Hensen. >Still da!< schrie er; >ich will's euch lehren: sagt nur, wer ist der erste Mann im Dorf ?< Da schwiegen sie erst und schienen sich zu besinnen; dann sagte eine Stimme: >Das ist doch wohl der Deichgraf !< Und alle anderen riefen: >Nun ja, unserthalb der Deichgraf!< - >Und wer ist denn der Deichgraf?< rief Ole Hensen wieder; aber nun bedenkt euch recht!<--Da begann einer leis zu lachen, und dann wieder einer, bis zuletzt nichts in der Stube war als 202 T lauter Lachen. >Nun, so ruft ihn<, sagte Ole Hensen; >ihr wollt doch nicht den Deichgrafen von der Tür stoßen !< Ich glaub, sie lachen noch; aber Ole Peters' Stimme war nicht mehr zu hören!« schloß der Bursche seinen Bericht. Fast in demselben Augenblicke wurde drinnen im Hause die Stubentür aufgerissen, und: »Hauke! Hauke Haien!« rief es laut und fröhlich in die Nacht hinaus. Da trabte Hauke in das Haus und hörte nicht mehr, wer denn der Deichgraf sei; was in seinem Kopfe brütete, hat indessen niemand wohl erfahren. — Als er nach einer Weile sich dem Hause seiner Herrschaft nahte, sah er Elke drunten am Heck der Auffahrt stehen, das Mondlicht schimmerte über die unermeßliche weißbereifte Weidefläche. »Stehst du hier, Elke?« frug er. Sie nickte nur. »Was ist geworden?« sagte sie, »hat er's gewagt?« - »Was sollt er nicht!« »Nun, und?« - »Ja, Elke; ich darf es morgen doch versuchen!« »Gute Nacht, Hauke!« Und sie lief flüchtig die Werfte hinan und verschwand im Hause. Langsam folgte er ihr. Auf der weiten Weidefläche, die sich zu Osten an der Landseite des Deiches entlangzog, sah man am Nachmittag darauf eine dunkle Menschenmasse bald unbeweglich stillestehen, bald, nachdem zweimal eine hölzerne Kugel aus derselben über den durch die Tagessonne jetzt von Reif befreiten Boden hingeflogen war, abwärts von den hinter ihr liegenden langen und niedrigen Häusern allmählich weiterrücken; die Parteien der Eisbosler in der Mitte, umgeben von alt und jung, was mit ihnen, sei es in jenen Häusern oder in denen droben auf der Geest, Wohnung oder Verbleib hatte; die älteren Männer in langen Röcken, bedächtig aus kurzen Pfeifen rauchend, die Weiber in Tücher und Jacken, auch wohl Kinder an den Händen ziehend oder auf den Armen tragend. Aus den gefrorenen 203