Geschichte der Lyrik Barock und Aufklärung Historische Abgrenzung des Barock • In den romanischen Ländern beginnt das Barock in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. • In Deutschland dauert das Barock vom Anfang des 17. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. Merkmale des Barockzeitalters • Spannungen zwischen den Katholiken und Protestanten, die sich im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entladen. • Absolutismus der Fürsten, deren prunkvolle Höfe sich zu bedeutenden Kulturzentren entwickeln. • Entwicklung einer antihöfischen Strömung, welche die kosmopolitische, intrigante, korrupte Welt des absolutistischen Hofes samt deren Kultur ablehnt. Merkmale der Barockliteratur • Die Botschaft der Barockliteratur, die aus der Todesangst und dem Lebenshunger erwächst, kann mit den Sinnsprüchen „Memento mori“ („Bedenke, dass du sterben musst“) und „Carpe diem“ („Genieße den Tag“) umschrieben werden. • Das Motiv, das von der Barockliteratur immer wieder aufgegriffen wird, ist die Vanitas („Eitelkeit“), mit der die Vergänglichkeit der irdischen Dinge gemeint wird. Lyrik des Barockzeitalters (bevorzugte Genres) • Sonett (weltliches und geistliches Sonett): – Paul Fleming (1609-1640): „An sich“. – Andreas Gryphius (1616-1664): „Es ist alles eitel“. – Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1616-1679): „Vergänglichkeit der Schönheit“. • Lied (vor allem protestantisches und katholisches Kirchenlied): – Paul Gerhard (1607-1676): „O Haupt voll Blut und Wunden“. – Angelus Silesius (1624-1677): „Sie fragt bei den Kreaturen nach ihrem Allerliebsten“. • Epigramm: – Friedrich von Logau (1605-1655): Deutscher Sinngedichte dreitausend (1654). Lyrik des Barockzeitalters (bevorzugte Themen) • Galante Lyrik, z. B. Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1616-1679): Deutsche Übersetzungen und Getichte (1679–1727). • Politische Lyrik, z. B. Georg Rodolf Weckherlin (1584-1653): „An das Teutschland“. • Geistliche und mystische Lyrik, z. B. Angelus Silesius (1624-1677): Der cherubinische Wandersmann (1657/1675). • Schäferdichtung, z. B. die Dichter des Pegnesischen Blumenordens (Georg Philipp Harsdörffer, Johann Klaj, Sigmund von Birken). Aufklärung als Begriff • Die Begriffe „Aufklärung“ und „aufklären“ hatten ursprünglich eine meteorologische Bedeutung. • Im 18. Jahrhundert bekam der Begriff „Aufklärung eine übertragene Bedeutung. „Es bezeichnete die Auflösung des Unklaren und Verworrenen in der Gedanken- und Gefühlswelt des Menschen und die Beseitigung von Vorurteilen und überholtem Aberglauben durch das Licht der Vernunft.“ (Arndal 2003: 154) Historische Abgrenzung der Aufklärung • Frühaufklärung (1680-1740): vom Rationalismus bestimmt; Repräsentanten des Rationalismus sind Gottfried Wilhelm Leibniz (1646- 1716) und Christian Wolff (1679-1754). • Mittlere Aufklärung (1740-1780): vom Empirismus und Sensualismus bestimmt; Repräsentanten des Empirismus sind John Locke (1632-1704) und David Hume (1711-1776). • Spätaufklärung (1780-1795): vom Kritizismus bestimmt; Repräsentant des Kritizismus ist Immanuel Kant (1724-1804). Merkmale des Aufklärungszeitalter • Entwicklung neuer Ideen (Rationalismus, Empirismus / Sensualismus, Kritizismus). • Befreiung des Bürgertums (Träger der Aufklärung) von der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Fürsten und der geistigen Bevormundung durch den Klerus. • Entstehung neuer Machtverhältnisse im Heiligen Römischen Reich (Niedergang der kaiserlichen Macht, Rivalität zwischen der Habsburger Monarchie und Preußen). Merkmale der Literatur der Aufklärung • Bevorzugung der Genres, die pädagogisch genutzt werden können: Lehrgedicht, Epigramm, Fabel und Drama. • Widerspiegelung der philosophischen Strömungen in literarischen Texten: – Rationalismus in den Lehrgedichten Brockes´ und Hallers sowie in dem reformatorischen Werk Gottscheds; – Empirismus und Sensualismus in der Literatur der Empfindsamkeit und – in radikalisierter Form – in der Literatur des Sturm und Drang; – Kritizismus in den Werken der Weimarer Klassik. • Entstehung einer Rokokoliteratur, die an die antike Anakreontik anknüpft und Elemente der Schäferdichtung und der Empfindsamkeit aufnimmt. Lyrik der Aufklärung • Lyrik des Rationalismus: – Barthold Heinrich Brockes (1680-1747): Irdisches Vergnügen in Gott (1721-48). – Albrecht von Haller (1708-1777): Die Alpen (1729). • Lyrik des Rokoko (Anakreontik): – Friedrich von Hagedorn (1708-1754): Sammlung neuer Oden und Lieder (1742/47). – Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803): Versuch in scherzhaften Liedern (1744). • Patriotische Dichtung: – Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803): Preußische Kriegslieder in den Feldzügen 1756 und 1757 von einem Grenadier (1758). (4.11.21) Lyrik der Aufklärung • Lyrik der Empfindsamkeit: – Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803): Oden und Lieder (1776). – Göttinger Hainbund (1772-1775): Johann Heinrich Voß, Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Brüder von Stolberg u.a. • Lyrik des Sturm und Drang: – Johann Wolfgang Goethe (1749-1832): Sesenheimer Lieder (1770/71), Prometheus (1774). • Lyrik der Weimarer Klassik: – Johann Wolfgang Goethe (1749-1832): Römische Elegien (1795). Sekundärliteratur • Arndal, Steffen: Aufklärung, in: Geschichte der deutschen Literatur, Band 1: Vom Mittelalter bis zur Romantik, hg. von Bengt Algot Sorensen, München, 2., durchgesehene Auflage, 2003, S. 154-205. • Bahr, Erhard: „Aufklärung“, in: Bahr, Erhard (Hrsg.), Geschichte der deutschen Literatur. In 3 Bänden (Bd. 2, Von der Aufklärung bis zum Vormärz), Tübingen und Basel, 2., vollständig überarbeitete u. erweiterte Auflage, 1998, S. 1-132. • Brenner, Peter J.: Neue deutsche Literaturgeschichte. Vom „Ackermann“ zu Günter Grass, Tübingen, 2., aktualisierte Auflage, 2004. • Jeßing, Benedikt / Köhnen, Ralph: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Stuttgart / Weimar, 3., aktualisierte und überarbeitete Auflage, 2012. • Schnell, Ralf: Deutsche Literatur von der Reformation bis zur Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 2011.