Zu einigen rhetorischen Figuren 24.10.2025 SLU Opava Rhetorische Figuren, worunter der „Schmuck“ der Rede gemeint ist, die zur Intensivierung ihrer Aussage dient. Nach ihren Funktionen kann man rhetorische Figuren in vier Gruppen ordnen: a) Wortfiguren b) Sinnfiguren c) grammatische Figuren d) Klangfiguren Rhetorische Figuren / Wortfiguren Geminatio – Die unmittelbare Wiederholung eines Einzelwortes oder einer Wortgruppe an einer beliebigen Stelle im Satz. Beispiel einer Gemination: „Mein Vater, mein Vater, jetzt rührt er mich an…“ (Goethe Erlkönig) Hier gehört auch die Form der Verdopplung von Worten her, die als „Zwillingsformen“ oder auch Pleonasmen bezeichnet werden. Beispiele: „von Tag zu Tag“ „von Monat zu Monat“ „von Stunde zu Stunde“ Der Unterschied zum Polyptoton (s.u.) besteht darin, dass die grammatikalischen Formen gleich zu sein scheinen. Rhetorische Figuren / Wortfiguren Als die Figur mit der Bezeichnung „Epanodos“ (abgeleitet vom griechischen Wort für „Rückkehr“) wird die nachdrückliche Wiederholung eines Teils eines Satzes in umgekehrter Wortfolge bezeichnet: Als Beispiel für die rhetorische Figur „Epanodos“ „Die Zeit ist, was ihr seid, und ihr seid, was die Zeit.“ (Fleming, Gedanken über die Zeit, 1642) Rhetorische Figuren / Wortfiguren Der Begriff Anapher (nach dem griechischen Wort anaphoron = Rückbeziehung, Wiederaufnahme) bezeichnet eine Figur, die durch die Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Anfang mehrerer, aufeinanderfolgender Sätze, Satzteile, Verse oder Strophen geschaffen wird. Beispiel für die rhetorische Figur der Anapher: „Plötzlich fanden wir alle ein Ohr. … Plötzlich piepste es wohl bei uns allen … Plötzlich war Einsamkeit ein Fremdwort. Plötzlich sagten wir uns …“ (Maiwald: Handys) Rhetorische Figuren / Wortfiguren Der Begriff Polyptoton bezeichnet eine Wiederholung eines Wortes in einem Satz, wobei unterschiedliche Flexionsformen (bei Verben) verwendet werden. Bei Substantiven führt das oft zu Wortspielen in Verbindung mit Anaphern, Epiphora, Anadiplose … Beispiele für die rhetorische Figur des Polyptotons: „Aug‘ um Auge, Zahn um Zahn“; „Das Beste vom Besten“; „König der Könige“; „Homo homini lupus est.“ (Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.) Rhetorische Figuren / Wortfiguren Als Paronomasie (Zusammenstellung lautlich ähnlicher Worte) wird eine Form des Wortspiels mit gleichklingenden Worten bezeichnet, die in nicht fernem Abstand miteinander verbunden sind oder einander gegenübergestellt werden. Beispiele für die rhetorische Figur der Paronomasie „Eile mit Weile“; im päpstlichen Segen: „Urbi et orbi!“ = „Der Stadt und dem Erdkreis!“ Zusatz zur Figur der Paronomasie Die Paronomasie ist der Alliteration vergleichbar, nur werden Worte zusammengestellt, die unterschiedliche semantische Bereiche abdecken. Rhetorische Figuren / Wortfiguren Accumulatio (= lat. Häufung) ist die Bezeichnung für die Detaillierung (Differenzierung/ Aufgliederung) eines übergeordneten Begriffes. Der übergeordnete Kollektivbegriff kann voran- oder nachgestellt sein, ggfs. kann er auch ganz fehlen. Die Accumulatio ist ein Mittel der Amplifikatio und dient zur Intensivierung, Veranschaulichung, Verlebendigung und Bildhaftigkeit der Aussage. Beispiele für die rhetorische Figur der Accumulatio: Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Mensch, Städt‘ und Felder Es schläft die ganze Welt“ [als Zusammenfassung] - Paul Gerhardt „So bitt‘ ich Himmel, Lüfte, Wind, Hügel, Haine, Wälder, Wein, Brunnen, Wüstenei, Saat, Höhlen, Steine, Felder, …“ Opitz „Ihr Himmel, Luft und Wind…“ Zusatz zur rhetorischen Figur der Accumulatio Die Worte, die in der Aufreihung einer Accumulatio aufgeführt werden, können syndetisch (mit Bindewort verbundene Sätze oder Satzteile oder Worte) oder asyndetisch (unverbundene Sätze oder Satzteile oder Worte) auftreten. Rhetorische Figuren / Wortfiguren Der Begriff Amplificatio bezeichnet das kunstvolle Anschwellen einer Aussage über das für die Verständigung Nötige hinaus. Sie ist eine Steigerung der Wirkung vom gesprochenen Wort und kann durch mehrere andere Wortfiguren geschaffen werden. Ein Beispiel für die rhetorische Figur der Amplificatio: „Ihr Himmel, Luft und Wind, ihr Hügel voll von Schatten, ihr Hainen, ihr Gebüsch, und du, du edler Wein, ihr frischen Brunnen, ihr so reich am Wasser sein, ihr Wüsten, die ihr stets müsst an der Sonne braten. Ihr durch den weißen Tau bereiften schönen Saaten, ihr Höhlen voller Moos, ihr aufgeritzten Stein‘, ihr Felder, welche ziert der zarten Blumen Schein, ihr Felsen, wo die Reim‘ am besten mir geraten,…“ (Opitz) Rhetorische Figuren / Wortfiguren Unter dem Begriff der Tautologien versteht man die Ergänzung zu einem Begriff zur Intensivierung seiner Aussage, die sich aus dem Begriff bereits ergibt und daher überflüssig ist, weil sie kein neues Merkmal beisteuert. Beispiele zur rhetorischen Figur der Tautologie: „weißer Tau“; „weißer“ oder „grauer Schimmel“; auch Zwillingsformen: nie und nimmer: „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen!“ „…runde Kugel…“ Rhetorische Figuren / Sinnfigur Als Antithese bezeichnet man eine Konstruktion, in der entgegengesetzte Aussagen oder sich widersprechender Begriffe verbunden werden. Beispiel für die Konstruktion einer Antithese: „Die Zeit ist was und nichts.“ (Fleming, Gedanken über die Zeit, 1642) Rhetorische Figuren / Sinnfigur Eine Apostrophe ist gegeben, wenn in dem Text der Leser oder Hörer direkt angesprochen wird, der nicht zu den handelnden Figuren in z.B. einem Roman gehören. Rhetorische Figuren / Sinnfigur Wandelt man eine Aussage in einen Ausruf um, so bezeichnet man diese rhetorische Figur als Exclamatio, die verlangsamt das Erzähltempo und steigert die Aufmerksamkeit beim Hörer oder Leser. Beispiel für die rhetorische Figur der Exclamatio: „Als wir beschlossen, alle Handys zu werden, ging es uns gut, ach was sage ich besser.“ (Maiwald: Handys) Beispiele der Anrede der Leser in „Emil und die Detektive“, von Erich Kästner (Kapitel 1): „Manche von euch werden sicher der Ansicht sein …“ „Könntet ihr es begreifen und werdet ihr nicht lachen …“ Rhetorische Figuren / grammatikalische Figur Unter einer Apokope versteht man den Fortfall der Schlusssilbe oder des Auslauts. Beispiele für die rhetorischen Figur der Apokope „versteh‘ ich“ = verstehe ich – Kästner, Kap. 11 „Bis er der Erd‘ ihr End‘…“ Gryphius Am Tage der Himmelfahrt des Herrn Rhetorische Figuren / grammatikalische Figur Als Elision bezeichnet man den Wegfall von Anlauten. Beispiele für die rhetorische Figur der Elision „Sag‘s dem Schupo dort“ = Sag es dem Schupo [= Schutzpolizisten] dort – Kästner, Kap. 8 „… ich bring’s gleich zur Großmutter“ = ich bringe es gleich zu der Großmutter – Kästner, Kap. 15 Rhetorische Figuren / grammatikalische Figur Unter dem Begriff „Zeugma“ versteht man eine Satzkonstruktion, in der ein Verb mit mehreren Substantiven verbunden wird, obwohl es inhaltlich (semantisch) nur einem entspricht. Beispiel für die rhetorische Figur des Zeugmas: „Bis er der Erd‘ ihr End‘, uns wird den Himmel zeigen…“ Gryphius, Am Tage der Himmelfahrt des Herrn Rhetorische Figuren / grammatikalische Figur Als Tmesis wird eine von der herkömmlichen Wortstellung abweichende Satzkonstruktion bezeichnet. Beispiel für die rhetorische Figur der Tmesis: „…der Feind [= der Teufel] war vorgedrungen, von Christo, aller Fürsten er der Beste …“ geistliches Lied aus dem 15. Jahrhundert (Braunschweig) Rhetorische Figuren / Klangfigur Als Alliteration wird die rhetorische Figur bezeichnet, bei der aufeinanderfolgende Sätze oder aufeinanderfolgende Verse mit dem gleichen Anlaut beginnen. Mit der Alliteration wird die Klangqualität des Textes intensiviert. Beispiel für die rhetorische Figur der Alliteration: Angesehener als die Schauspieler, „waren wir wieder wer,…“ (Maiwald: Handys) Bei Rechtsformeln finden sich einige Beispiele für die Alliteration: „Land und Leute“; „Haus und Hof“; „Kind und Kegel“.