Jelen přeplotil skok. Kontrastiver Vergleich von Wortspielen und idiomatischen Wortverbindungen Gabriela Rykalová Zum Thema dieses Beitrags hat mich der Film Kolya von Zdeněk Svěrák inspiriert. Zdeněk Svěrák beherrscht die Kunst des Sprachwitzes. Seien es Wortspiele, verschiedene Anspielungen auf die gesellschaftliche oder politische Situation, auf menschliche Eigenschaften, seine Kunst mit der Sprache umzugehen spiegelt sich nicht nur in seinen Filmen, sondern auch in seinen Erzählungen und Liedern für Kinder und Erwachsene wider. Als der Film Kolya mit dem Oscar und dem Golden Globe ausgezeichnet wurde, dachte ich daran, dass auch bei der besten Übersetzung die Hälfte der Sprachwitze doch verloren gehen müsste. „Prag 1988: Der regimekritische, hochbegabte Cellist Louka kämpft sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Um ein wenig Geld extra zu verdienen, lässt sich der eingefleischte Junggeselle dazu überreden, eine Scheinehe mit einer Russin einzugehen. Als sich diese in den Westen absetzt, lässt sie ihren kleinen Sohn Kolya zurück, und Louka wird plötzlich zum Vater wider Willen. Für beide eine schwere Situation, zumal sie nicht die gleiche Sprache sprechen. Doch trotz allem entwickelt sich eine tiefe Freundschaft…“ (DVD Kolya 2005) In dem Roman „Die Erziehung der Mädchen in Böhmen“ von Michael Viewegh wird eine andere Art von Humor vorgestellt: „Einem jungen tschechischen Schriftsteller, der sich seinen Lebensunterhalt als unterbezahlter Lehrer verdient, wird ein lukrativer Nebenjob angeboten: Er soll Beata, die zwanzigjährige Tochter eines neureichen Geschäftsmannes, im kreativen Schreiben unterrichten. Aus dem anfänglichen Widerwillen gegen die Nachhilfestunden entwickelt sich beiderseitiges Interesse, und sie verlieben sich. Doch der Schriftsteller hat Frau und Kind, und auch Beatas Vater interveniert heftig. Die Liebe scheitert aber nicht nur an den ungünstigen Bedingungen: Beatas ruhelose Suche nach sich selbst, bei der ihr auch zahlreiche andere Herren zu helfen bereit sind, läßt sich mit dem Lebensentwurf des Schriftstellers nicht in Einklang bringen. Daran ändern auch die Lehrstunden in Erzähltheorie nichts…“1 Dieser Beitrag möchte die Ergebnisse eines kontrastiven Vergleichs des tschechischen Originals und der deutschen Übersetzung eines Romans und eines Films vorstellen und stellt sich gleichzeitig die Frage, was alles bei einer Übersetzung von Wortspielen verloren gehen kann. Wortspiele und ihre Übersetzung Bei Wortspielen handelt es sich um Bildungen, die von der erwartbaren Form (Normform) abweichen, die mit einer bestimmten Absicht gebildet worden sind und eine bestimmte Funktion erfüllen sollen. „Der stilistische Kontrast, oder gar ein Stilbruch, wird häufig zum Hauptsignal für die Präsenz eines Wortspiels im Text, die Ursache eines solchen Kontrasts sind Normwidrigkeiten unterschiedlicher Art.“ (Tecza 1997:14) Wortspiele kommen in verschiedenen Texten in unterschiedlichem Maße vor. Es hängt einerseits ab vom Kommunikationsbereich, dem ein Text angehört, andererseits von der Textsorte, die ein Text repräsentiert. Wortspiele beruhen nicht selten auf metaphorischen Bildern und Assoziationen und das, was Keller-Bauer (vgl.1984, 32) über die Aspekte 1 http://www.hanser-literaturverlage.de/buecher/buch.html?isbn=978-3-216-30369-1 metaphorischen Verstehens sagt, hat einen Einfluss auf die Übersetzbarkeit von metaphorischen Wortspielen. Er macht darauf aufmerksam, dass eine Metapher nur dann richtig verstanden werden kann, wenn sie auf gemeinsamem Wissen basiert. Die Assoziationen sind mehr oder weniger konventionalisiert und kulturell bedingt. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass es mehrere Interpretationsmöglichkeiten einer Metapher gibt. „Idiomatisch im engeren Sinne sind solche Ketten, deren Gesamtbedeutung in keiner Weise aus der freien Bedeutung der Moneme erklärt werden kann.“ (Burger 1973, 18) Burger (1973, 32) unterscheidet drei Typen von idiomatischen Wortverbindungen: 1) Idiome in der syntaktischen Funktion eines Lexems oder Satzgliedes 2) Sprichwörter und verwandte Erscheinungen, die in syntaktischer Hinsicht Sätzen entsprechen 3) „Pragmatische“ Idiome, wie Grüße, Höflichkeitsformeln etc. Wortspiele und idiomatische Wortverbindungen sind auf drei Ebenen zu untersuchen: Syntax (Technik), Semantik (Inhalt) und Pragmatik (Funktion). (vgl. Heibert 1993, 170) Bei der Übertragung in eine andere Sprache hat der Übersetzer drei Möglichkeiten: a) er entscheidet sich für die Übertragung der inhaltlichen Seite und verzichtet auf das Wortspiel b) er versucht in der Zielsprache ein Wortspiel zu bilden bei einer freien Übersetzung c) das Sprachsystem der Zielsprache ermöglicht ihm, gleichzeitig mit der Übertragung der gleichen Bedeutung das Wortspiel zu bilden Wir werden nicht übertreiben, wenn wir das Übersetzen als Kunst bezeichnen. Mit anderen Worten: „Die Übersetzung als Werk ist eine künstlerische Reproduktion, das Übersetzen als Vorgang ein originales Schaffen, die Übersetzung als Kunstgattung ein Grenzfall an der Scheide zwischen reproduzierender und original schöpfender Kunst.“ (Levý 1969, 65) Welche Merkmale erschweren die Übersetzung? 1. Kontext Jeder Text ist in eine Kommunikationssituation eingebettet. Eine Äußerung kann in verschiedenen Kontexten auch unterschiedliche Bedeutungen haben. Im folgenden Beispiel hat das Adjektiv „schön“ im Zusammenhang mit folgender Kommunikationssituation drei verschiedene Bedeutungen: Ein junges Paar hat gerade ein Haus gekauft und zwei Freunde, die nicht geahnt haben, dass sich dieses Haus in einem schrecklichen Zustand befindet, zu einer Einweihungsparty eingeladen. A: Hallo, Claudia, wie geht´s? B: Hallo, Max, sss, es ist schön kalt da draußen. C: Hallo, habt ihr den Weg gut gefunden? D: Jaja, hallo. Max, hi, schön dich zu sehen! A: Na, kommt rein. B: Hmm, ein schönes Haus! Denken wir an die Übersetzung, ist aus diesem Beispiel ersichtlich, dass nicht Wörter, sondern Bedeutungen von Äußerungen in eine andere Sprache übertragen werden müssen. 2. Konventionen „Vielmehr regeln bestimmte Konventionen, was „man“ in einer bestimmten Situation sagen darf, und sagen kann. Der Ursprung dieser Konventionen liegt im Bereich der gesamten Soziokultur einer Sprachgemeinschaft, ist also nicht eigentlich sprachlicher Natur.“ (Hönig/Kußmaul 1982, 44) Gemeint werden einerseits konventionalisierte Grußformeln (Guten Morgen / Morgen), Begriffe (im Jahre 50 vor Christus), Aufschriften (Parken verboten), andererseits „Textsorten-Konventionen“ (vgl. Hönig/Kußmaul 1982, 48), d.h. zu einer bestimmten Textsorte gehörende Floskeln, z.B. in Wirtschaftsbriefen (Vielen Dank für Ihr Angebot vom 6.9.2010.), juristischen Texten (Laut Paragraph...), Märchen (Es war einmal ein König...), Kochrezepten (Man nehme...) usw. Diese konventionalisierten Konstruktionen kann man bei der Übersetzung wieder nur durch konventionalisierte Konstruktionen in der Zielsprache ersetzen. 3. Soziokultur „[...] in AS und ZS stehen sich zwei kategorisch verschiedene Soziokulturen gegenüber, und jeder Text ist ein Teil dieser Soziokultur.“ (Hönig/Kußmaul 1982, 51) Die Kommunikationssituation, sowie die kulturelle Einbettung des Textes gehören zu den nichtsprachlichen Faktoren des Kommunikats. „Bei der Übersetzung des Wortspieles – genauer: der Übersetzung eines Textes, in dem ein Wortspiel vorkommt – sind Sinn und rhetorische Funktion des Wortspieles die wichtigsten zu erhaltenden Werte.“ (Heibert 1993, 185) In Anlehnung an Keller-Bauer können wir sagen: Das Wortspiel kann nur dann richtig verstanden werden, wenn es auf gemeinsamem Wissen basiert. Die Assoziationen sind mehr oder weniger konventionalisiert und kulturell bedingt. (vgl. Keller-Bauer 1984, 32) Übersetzungsmöglichkeiten Tecza (1997, 128) stellt fünf Hauptverfahren bei der Übersetzung von Wortspielen vor, die Heibert formuliert hat. Eine ähnliche Unterteilung ließe sich in einer ergänzten Form auch an die Übersetzung von idiomatischen Wortverbindungen in Kolya und Erziehung von Mädchen in Böhmen anpassen: 1. Das Wort, bzw. die Wortverbindung wurde unverändert aus der Originalsprache übernommen. Im weißen Umschlag war ein kurzer Brief des örtlichen Millionärs Král. (V/d:5) V bílé obálce byl krátký dopis od místního milionáře Krále. (V/č:7) 2. Die idiomatische Verbindung wurde durch eine andere mit der gleichen Wirkung ersetzt. In beiden Sprachen gibt es ziemlich genaue Äquivalente. On má klientelu, já mám prd. (K/č) Er hat Erfolg und ich hab Dreck. (K/d) U nás je teď blázinec. (K/č) Bei uns zu Hause ist der Teufel los. (K/d) 3. Es wurde eine neue Lösung mit der Übertragung der wichtigsten Ebene des Wortspieles gefunden. Si to zavařil, tak ať si to vyžere, debil! (K/č) Der Idiot hat uns in diesen Schlamassel reingeritten, er muss uns da wieder rausholen. (K/d) 4. Es wurde ein neues Wortspiel geprägt. Hudba je jazyk srdce. Jazyk je srdce huby. (V/č:70) Musik ist Nahrung für die Seele. Mein Kuss ist Nahrung für die Seele. (V/d:77) 5. Die Übersetzung verzichtet auf jedes Wortspiel. Kde? Až ve Varně?Jo, ve vaně! (K/č) Wo ist er? Unter der Dusche? (K/d) Wie allerdings Burger betont: „Bei literarischen Texten hängt es also vom (zufälligen) IdiomAngebot der Zielsprache und von der Kunstfertigkeit des Übersetzers ab, in welchem Maße die Vielschichtigkeit des Originals in der Übersetzung rekonstruierbar ist.“ (Burger 1973, 104) Auch Vural-Kara macht darauf aufmerksam, dass sich „die zielsprachigen Möglichkeiten [...] nicht immer mit denen der Ausgangssprache decken“ und dass sich der Übersetzer „mit der meist nicht immer erfüllbaren Forderung nach der stilistischen Äquivalenz auseinander setzen muss“ (Vural-Kara 2009, 306). Auch bei der besten Übersetzung können nicht alle Schichten eines Wortspiels oder eines Idioms in die Zielsprache übertragen werden. Folgende Übersicht zeigt, was alles bei einer Übersetzung verloren gehen kann: 1) Nebenbedeutungen 2) Reime und Lautmalerei 3) Kulturelles Kolorit 4) Witz 5) Bezüge zur nationalen Geschichte und Kultur 6) Sprachliche Besonderheiten 1. Nebenbedeutungen Zum Verlust von Nebenbedeutungen kommt es vor allem bei einer unveränderten Übernahme aus der Originalsprache. Unverändert werden aus der Originalsprache vor allem Eigennamen übernommen. Nicht nur Nachnamen, sondern auch Vornamen werden aber in der schönen Literatur mit einer bestimmten Absicht gewählt. Sie machen oft eine Aussage über ihre Träger, über ihr Alter und ihren Charakter u.ä. V bílé obálce byl krátký dopis od místního milionáře Krále. (V/č:7) Im weißen Umschlag war ein kurzer Brief des örtlichen Millionärs Král. (V/d:5) Der Name Král (König) trägt mehrere Nebenbedeutungen: der mächtigste und reichste Mann, eine der Hauptgestalten einer märchenhaften Erzählung. In unserer Geschichte hat er zwei Töchter. Die eine ist krank und soll vom Hauptdarsteller geheilt werden. Unübersetzt bleibt dieses Wort ein bedeutungsloser Name. [...] pravil kolega a přítel Jaromír Nadaný. (V/č:15) [...] sagte mein Kollege und Freund Jaromír Nadaný. (V/č:14) Der Name Jaromír Nadaný (Jaromír der Begabte) charakterisiert einen fleißigen, klugen und besonders zielstrebigen Lehrer-Kollegen. Noch deutlichere Informationen sind in dem Namen einer Beamtin von der Sozialbehörde, die den „Fall Kolya“ an die sowjetische Botschaft weiter leitet und Kolya zurück in die Sowjetunion schicken möchte, präsent: Herr Louka holt den Koffer vom Schrank, denkt daran, dass er Kolya nur „retten“ kann, indem er ihn versteckt, und sagt zu ihm, sie müssten gehen: Dřív, než si pro nás přijde Zubatá. (K/č) Bevor die Zubata wieder kommt um dich abzuholen. (K/d) Bei unveränderter Übernahme dieses Namens konnten die Konnotationen in der Ausgangssprache in den Zieltext nicht übertragen werden, und zwar, dass Zubatá auf Deutsch Sensenmann heißt. Umgekehrt kann es dank einer guten Übersetzung dazu kommen, dass einige, mit dem Kontext im Einklang stehende Nebenbedeutungen erst in der Zielsprache zum Ausdruck kommen: Um den Garten und das Haus von Král kümmern sich zwei junge Männer, die sich mit dem Hauptdarsteller befreundet haben und die wissen, dass er von Král auch viel Geld bekommt. Die im Tschechischen familiär klingende und nur den Beruf benennende Anrede „učitelskej“ bekommt im Deutschen die Nebenbedeutung „jemand, der sich bei jemandem einschmeicheln will“. Nazdárek, učitelskej! (V/č:24) Tagchen, Kreidefresser! (V/d:25) 2. Reime und Lautmalerei „Die obigen Ausführungen deuten darauf hin, wie komplex das Realisierungsfeld des Sprachspiels ist, denn nicht nur die Polysemie von Wörtern und Syntagmen, [...] die phonetische oder graphische Ähnlichkeit von Wörtern und „sprechende Namen“ können sprachspielerische Verwendung finden, sondern auch [...] der Einsatz von reimenden oder alliterierenden Formen mit textstrukturierender Funktion können zur stilistischen Färbung des Textes beitragen (vgl. Koller).“ (Vural-Kara 2009, 307) Kam šlápnete, odsud už se nehnete. (K/č) Überall, wo ihr den Fuß hinsetzt, da Bleibt ihr. (K/d) Co je novýho? řekl jsem. Was gibt´s Neues? fragte ich. Ostříhali holýho! odsekla drze. (V/č:15) Null Komma nix, gab sie frech zurück. (V/d:44) „Mám odejít?“ zeptal jsem se. Žádná odpověď. „Odmítám totiž kohokoli do čehokoli nutit...“ Nic. „Odejdu. Obejdu se bez těch peněz. Budu prostě dál jíst lunchmeat k nedělnímu oědu. Vlastně zbožňuju lunchmeat.“ A rajskou, vzpomněl jsem si. „Obejda odejde,“ řekl jsem už spíše pro sebe. (V/č:30) „Soll ich wieder gehen?“ fragte ich. Keine Antwort. „Ich lehne es nämlich ab, jemanden zu was zu zwingen ...“ Nichts. „Ich gehe. Ich werde ohne das Geld zurechtkommen. Ich werde Ganz einfach weiterhin Sonntag mittag Lunchmeat essen. Im Grunde bin ich ja verrückt nach Lunchmeat.“ Und Tomatensauce, fiel mir ein. „Der Schnorrer macht´n Abgang“, sagte ich schon eher zu mir selbst. (V/d:32) Nicht immer muss bei der Übersetzung etwas verloren gehen. Dem Übersetzer ist im folgenden Abschnitt ein Meisterstück gelungen: Die gereizte Stimme gehörte diesmal Irenka. Zvára beruhigte sich für einen Moment, doch schon das nächste Musikbeispiel hatte auf ihn eine unerhört inspirierende Wirkung: Unauffällig legte er die Arme um die Schultern seiner beiden Nachbarinnen, durch die ihn Irenka vor Beginn des Konzertes naiverweise von anderen problematischen Schülern zu isolieren versucht hatte, und in einer Überraschungsattacke ließ er seine Handflächen die nötigen paar Zentimeter hinuntergleiten. (V/d:54) Dívky poděšeně vyjekly. „Kozy fan túte!“ zvolal Zvára s opravdu nelíčenou radostí. (V/č:50) Die Mädchen kreischten erschrocken auf. „Cosi van Titte!“ rief Zvára mit wahrhaft ungekünstelter Freude. (V/d:54) 3. Kulturelles Kolorit Die wichtigste Ebene bei der Übersetzung ist ohne Zweifel die Auswirkung auf den Leser. Oft ist es aber nicht möglich, das entsprechende Äquivalent für ein bestimmtes Wort in der Zielsprache zu finden. Das, was bei solcher Übertragung verloren gehen kann, ist das kulturelle Kolorit (hier die schöne tschechische Anrede / Partikel / Füllwort: vole). Si to zavařil, tak ať si to vyžere, debil! (K/č)Der Idiot hat uns in diesen Schlamassel reingeritten, er muss uns da wieder rausholen. (K/d) Ty hraješ všude, vole!(K/č) Also du spielst auch wohl überall! (K/d) 4. Sprachwitz „Leer“ sieht eine Übersetzung aus, wo auf den Sprachwitz im Originaltext im Zieltext verzichtet wurde: Bei einer von mehreren Situationen, in denen der Junggeselle Louka seine meistens verheirateten Liebhaberinnen anruft und fragt, ob sie nicht zu ihm in seine Wohnung in einem alten Turm kommen möchten, hören wir Louka voller Hoffnung und echter Vorfreude (und an den Ehemann der Liebhaberin denkend) sagen: Kde? (Wo?) Až ve Varně? (In Varna?) (K/č) Gleichzeitig hören wir eine Enttäuschung in seiner Stimme: Jo, ve vaně! (Ach, in der Badewanne!) Die Übersetzung hat auf dieses Wortspiel verzichtet: Wo ist er? Unter der Dusche? (K/d) In Situationen, wo ein Wortspiel unübersetzbar ist, bemüht sich der Übersetzer, ein anderes Wortspiel in der Zielsprache zu bilden: In der vierten Stunde bekam ich optische Halluzinationen. Als ich im Musiksaal bei meinem Gang zwischen den Bänken absichtslos die Augen zur hinteren Wand hob, las ich statt des gewohnten Sinnspruchs MUSIK IST NAHRUNG FÜR DIE SEELE nun überrascht eine völlig andere Mitteilung: MEIN KUSS IST NAHRUNG FÜR DIE SEELE. (V/d:77) Hudba je jazyk srdce. Jazyk je srdce huby. (V/č:70) (Musik ist die Zunge / Sprache des Herzens. Die Zunge ist das Herz des Mauls.) Musik ist Nahrung für die Seele. Mein Kuss ist Nahrung für die Seele. (V/d:77) 5. Bezüge zur nationalen Geschichte und Kultur Andere Übersetzungsperlen stellen die Kleinoden der tschechischen National-Kultur dar. Die Fähigkeit, diese Intertextualitätsmerkmale mit anderen Inhalten, die eine Reihe von Assoziationen hervorrufen, zu verbinden, besitzt leider nur der Muttersprachler, oder derjenige, der eine lange Zeit in dieser kulturellen Umgebung lebt. In beiden Texten finden wir Anspielungen auf: a) einen Film von Zdeněk Troška (Slunce, seno, jahody): Existuje ostatně i řada dalších věcí. Kupříkladu slunce. Nebo léto. - A seno. A jahody. Ušklíbla se: [...] (V/č:81) Übrigens gibt´s auch eine Reihe anderer Dinge immer noch. Zum Beispiel die Sonne. Oder einen Sommer. - Und Heu. Und Erdbeeren. Sie zog eine Grimasse: [...] (V/d:90) b) Romane von Ladislav Vančura (Romarné léto) und Karel Čapek (Krakatit): Probudil jsem se do nádherného slunečného rána. Nasnídal jsem se, vzal jsem skládací metr a s velmi formálním postesknutím nad tímto způsobem léta jsem radostně vyrazil z domu. (V/č:115) Ich wachte an einem herrlichen, sonnigen Morgen auf. Ich frühstückte, nahm einen Zollstab, seufzte der Form halber über diese Art von Sommer und machte mich freudig auf den Weg. (V/d:127) Krakatit (V/č:105) Krakatit (V/d:118) c) Volkslieder Valčík na rozloučenou (V/č:89) Abschiedswalzer (V/d:99) Ach synku, synku (V/č:89) Ach Söhnlein, Söhnlein (V/d:99) d) Pflichtlektüre – Dichtung (Mácha, Šrámek) Mrtvé milenky cit. (V/č:124) Des toten Liebchens Sein. (V/d:138) Asi nepřekvapí, že moje vzpomínky na zbylou část noci jsou neuspořádané a neúplné. Spolehlivě vím jen to, že touha rozsévače (ačkoli zvíře by možná bylo přesnější) se po vypití několika sklenic šampaňského a trošky koňaku může kupodivu probudit i ve velmi způsobném hošíkovi, [...]. (V/č:66) Es wird kaum jemanden überraschen, dass meine Erinnerungen an den restlichen Teil der Nacht ungeordnet und lückenhaft sind. Verlässlich weiß ich nur, dass erstaunlicherweise das Verlangen des Beschälers (obwohl der Ausdruck Tier treffender wäre) nach dem Genuss von einigen Gläsern Champagner und etwas Cognac auch in einem sehr artigen Jungen erwachen kann, [...]. (V/d:73) e) Märchen (Princezna se zlatou hvězdou na čele) Ba ne, princezno, řekl jsem, já vám ten střevíc nezavážu. (V/d:59) O nein, Prinzessin, sagte ich, ich werde Ihnen den Stiefel nicht schnüren. (V/č:65) f) den bekanntesten tschechischen Sexologen Zatloukat, zatloukat, zatloukat, Dr. Plzák. (V/č:134) Mauern, mauern, mauern, Dr. Plzák. (V/č:149) 6. Sprachliche Besonderheiten Gemeint sind Abweichungen von der Norm sowie regionale Besonderheiten: Poslechněte, milej zlatej (K/č) Hören Sie, mein Lieber (K/d) – aber auch das Wechseln zwischen Duzen und Siezen: Poď sem...ani se neptejte! (Komm her... fragen Sie nicht mal!) (K/č) Kommen Sie her... sie würden´s mir nie glauben! (K/d) Der Film Kolya ist extrem schwierig zu übersetzen, da die Gestalten nicht nur tschechisch sprechen, sondern sich darum bemühen, sich auf Russisch zu verständigen. Die sprachliche Barriere, die zwischen Louka und Kolya entsteht, oder umgekehrt die Gemeinsamkeiten der beiden slawischen Sprachen, ermöglichen dem Autor mit der Sprache auf eine besondere Art zu spielen. Diese Tatsache kommt in der Synchronisation leider nicht heraus, weil die meisten russischen Wörter ins Deutsche übersetzt werden. Čmariki, čmariki dělat... (K/č) Malen... malen (K/d) Žili byli bude... (K/č) Sie liest dir eine Geschichte vor. (K/d) Bleiben aber im Text russische Ausdrücke stehen, wird wiederum ihr Sinn von deutschen Zuschauern nicht verstanden. Unverändert übernommen wurde z.B. die Wortverbindung: Náš krásnyj. Völlig verloren geht dadurch ein schönes (bzw. rotes) Missverständnis, das dank dem sog. „falschen Freund“ krásný (auf tschechisch: schön, auf russisch: rot) entstanden ist. Sprechen wir darüber, was bei einer Übersetzung alles verloren gehen kann, müssen wir auch betonen, dass der Text umgekehrt viel gewinnen kann. Als Beispiel dienen hier folgende Sätze: Vorher soll aber noch erklärt werden: Die Tochter von Král, Beáta, leidet an starken Depressionen, weil ihr ehemaliger Freund, der als Gärtner bei den Králs angestellt war, sie verlassen hat. Váš zahradník je vrah, řekl jsem Královi, když se vrátil. Tenhle druh srandy, řekl nečekaně nepřátelsky, nemám rád. Nechápal jsem to. ... Nevím, kdo Vám co říkal, pronesl ledově. V každym případě toho nechte. (V/č:21) Ihr Gärtner hat´s hier aber wüst getrieben!, sagte ich zu Král, als er zurückkehrte. Diese Art Humor, reagierte er unerwartet feindselig, kann ich nicht leiden. Das kapierte ich nicht. ... Ich weiß nicht, wer Ihnen was erzählt hat, äußerte er sich mit eisiger Stimme. Jedenfalls: lassen Sie das. (V/d:21) Im Originaltext finden wir eine schöne intertextuelle Anspielung auf verschiedene Krimifilme und -serien, in denen „der Mörder der Gärtner ist“. Im Zieltext wurde auf diese Anspielung verzichtet, dagegen erfährt der Leser, dass der Sprecher mit „wüst getrieben“ den Nagel auf den Kopf getroffen hat. "Der Mörder ist immer der Gärtner" kennen die Deutschen auch. Die direkte Übersetzung wäre also möglich, aber das metaphorische "wüst getrieben" ist besser, weil es nicht nur unkonventioneller, sondern durch die Verbindung von wilder Gartenarbeit und wilder Sexualität auch präziser und nicht so drastisch ist. Heibert macht darauf aufmerksam, dass die Übersetzer immer häufiger mit dem Problem der Wortspielübersetzung konfrontiert sind, genauso wie mit der Frage, ob Wortspiele übersetzbar sind oder nicht. (vgl. Heibert 1993, 155) Und wie er selber später betont, ist die wichtigste Frage nicht, OB eine Konstruktion übersetzbar ist, sondern WIE die gewünschte Wirkung zu erzielen ist. (vgl. Heibert 1993, 241) Quellen VIEWEGH, Michael: Výchova dívek v Čechách. Praha: Český spisovatel 1994. VIEWEGH, Michael: Erziehung von Mädchen in Böhmen. Wien-München: Deuticke 1998. Kolja. DVD. Biograf Jan Svěrák, Portobello Pictures, Pandora cinema a Česká televize 1996. Kolya. DVD. München: Buena Vista Home Entertainment, Inc. 2005. Literatur BURGER, Harald: Idiomatik des Deutschen. Germanistische Arbeitshefte 16. Tübingen: Max Niemeyer 1973. EROMS, Hans-Werner: Stil und Stilistik. Eine Einführung. Berlin: ESV 2008. FIŠER, Zbyněk: Překlad jako kreativní proces. Teorie a praxe funkcionalistického překládání. Brno: Host 2009. FRIEDERICH, Wolf: Technik des Übersetzens. Englisch und Deutsch. Ismaning: Max Hueber 1977. GREINER, Norbert: Grundlagen der Übersetzungsforschung. Übersetzung und Literaturwissenschaft. Tübingen: Narr, 2004. HEIBERT, Frank: Das Wortspiel als Stilmittel und seine Übersetzung (am Beispiel von sieben Übersetzungen des „Ulysses“ von James Joyce). Tübingen 1993. 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